Samstag, 14. April 2018

Ernsthafte Zweifel am Nutzen einer kohlenhydratarmen Diät


Kohlenhydrate sind ja in den vergangenen Jahren beinahe zum No-Go geworden. Diverse Diäten befürworten den Verzicht auf Nudeln, Brot und Reis. Wissenschaftler zweifeln den Nutzen inzwischen an.
Im Kampf gegen Übergewicht und Diabetes setzen viele Menschen auf "weniger Zucker". Einige denken daher auch, dass eine sehr kohlenhydratarme Ernährung den Vorzug haben sollte. In der Praxis bedeutet das den Verzicht auf stärkehaltige Quellen wie Brot, Reis, Kartoffeln oder Bananen. Aber der Nutzen wird von Wissenschaftlern inzwischen ernsthaft bezweifelt. An Hand von zwei internationalen Übersichtsstudien, die diese Woche erschienen, kommt Professor Fred Brouns von der Universität Maastricht (UM) zu dem Schluss, dass es völlig in Ordnung ist, die Aufnahme von Kohlenhydraten ein wenig zu reduzieren, aber eine drastische Reduktion besser vermieden werden sollte.
Ungünstige Auswirkungen auf den Darm
Im vergangenen Jahr erregte die niederländische Stadt Leende große Aufmerksamkeit, weil die dort ansässigen Hausärzte eine Kampagne gestartet hatten, um Kohlenhydrate so weit wie möglich aus der täglichen Ernährung zu entfernen. „Es besteht kein Zweifel, dass die Aufnahme von so wenig Zucker wie möglich das Risiko für Übergewicht und Diabetes reduziert“, so Brouns, Professor für Ernährungswissenschaft an der Universität Maastricht. „Aber unsere Forschungen zeigen, dass eine kohlenhydratarme Diät - auch bekannt als ketogene Diät - zu unerwünschten Auswirkungen führen kann. Insbesondere der geringe Ballaststoffgehalt und der hohe Fettgehalt einer kohlenhydratarmen Diät beeinflussen die Darmflora negativ.“ Eine ketogene Diät lässt sich zudem von vielen Menschen nur schwer durchhalten. Stattdessen wäre eine geringfügig veränderte Ernährungsweise mit mindestens 100 bis 150 Gramm Kohlenhydraten täglich leichter durchzuhalten. „Über die langfristigen gesundheitlichen Vorteile einer sehr kohlenhydratarmen Ernährung liegen derzeit keine verlässlichen Daten vor“, betont Brouns. „Jede Befürwortung solcher Diäten, die "gut für jeden" sein sollen, muss man auch unter diesem Aspekt sehen.“
Vor allem zugesetzten Zucker vermeiden
Brouns unterstützt seine eigene Publikation mit einer aktuellen internationalen Studie über Nahrungsmittelrichtlinien, an der er auch mitgearbeitet hat. Ein internationales Team von Wissenschaftlern verglich elf Richtlinien von zehn Lebensmittelbehörden, darunter die WHO (Weltgesundheitsorganisation), die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit), aber auch beispielsweise die Lebensmittelbehörden in Nordamerika, Australien und Skandinavien. Die Leitlinien empfehlen ausnahmslos eine drastische Reduzierung des Konsums von zugesetztem Zucker. Allerdings erwähnt keine der Behörden eine kohlenhydratarme Ernährung, um dies zu erreichen. Tatsächlich wird in allen untersuchten Fällen empfohlen, bis zu 50 Prozent der täglichen Energiezufuhr als Kohlenhydrate zu verzehren. Laut Brouns kann die Menge der Kohlenhydrate ruhig etwas gesenkt und der Anteil an Fett etwas erhöht werden, was zu 40 Prozent der täglichen Energiezufuhr für beide Nährstoffe führt. „Wichtig dabei ist aber, dass Kohlenhydratquellen mit hohem Ballaststoffanteil und insbesondere ungesättigten Fettsäuren gewählt werden. Aber der effektivste Weg, um Übergewicht und Diabetes vorzubeugen, ist die gleichzeitige Anpassung mehrere Lifestyle-Faktoren. Dazu gehören neben gesunder Ernährung auch kleinere Essensportionen, mit dem Rauchen aufhören, mäßiger Alkoholkonsum und mehr körperliche Bewegung.“

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