Montag, 10. August 2015

Zöliakie: Schimmel macht Gluten verträglicher


Nahrungsmittel mit Gluten werden durch ein
Schimmel-Enzym verträglicher
(Foto: Hans - pixabay.com)
Ein Schimmel-Enzym sorgt dafür, dass Gluten im Körper abgebaut wird. Menschen, die kein Gluten vertragen und unter Zöliakie leiden, könnte dies helfen.


Ein leckeres Croissant mit süßer Marmelade, ein knuspriges Brötchen mit herzhaftem Käse oder ein frisches Hafermüsli mit Obst zum Frühstück: für die meisten von uns klingt das nach echtem Frühstückstraum. Für Menschen, die an Zöliakie leiden und deshalb das Klebereiweiß Gluten nicht vertragen, sind diese Nahrungsmittel eher ein Frühstücksalptraum. Sie können das Gluten in bestimmten Getreidesorten nicht verdauen; das Eiweiß führt bei den Betroffenen zu einer Entzündung der Darmschleimhaut und löst zum Teil heftige Beschwerden aus. Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder Verstopfung gehören zu den meist vorkommenden Symptomen. Auf Dauer wird die Darmschleimhaut zunehmend geschädigt und der Körper wird immer weniger mit den nötigen Nährstoffen versorgt. Das kann zu Mangelerscheinungen führen. Abhilfe schafft nur die lebenslange Vermeidung von Gluten in der Ernährung.

Schimmel hilft beim Verdauen von Gluten
Wissenschaftler der Universität Maastricht haben nun gezeigt, dass ein Schimmel-Enzym in der Lage ist, Gluten im Körper abbaubar zu machen. Das ergab eine Studie mit zwölf gesunden Freiwilligen. Menschen, die normalerweise einer glutenfreien oder glutenreduzierten Diät folgen, weil sie kein Gluten vertragen, könnten zukünftig von dem Mittel profitieren.
Gluten sind Eiweiße, die vor allem in verschiedenen Getreidesorten vorkommen. Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste, Hafer und auch alte Weizensorten wie Einkorn und Emmer enthalten das Klebereiweiß Gluten. In Deutschland leidet nach Angaben der Deutschen Zöliakie-Gesellschaft e.V. (DZG) jeder 250. Bundesbürger an einer Zöliakie. Tendenz steigend. Denn der zunehmende Einfluss von Umweltfaktoren wie Infektionen, veränderten Ernährungsgewohnheiten und psychosozialen Faktoren begünstigt die Entstehung von Zöliakie. Wenn die Betroffenen sich nicht an eine glutenfreie Diät halten, wird die Darmschleimhaut geschädigt und es treten starke Bauchschmerzen auf. Eine komplett glutenfreie Ernährung gestaltet sich allerdings im Alltag oft als schwierig, denn nicht immer wird auf den Produkten vermerkt, ob sie Gluten enthalten oder nicht. Auch ein Restaurant-Besuch kann zum Beispiel für Probleme sorgen, weil häufig unerwünscht Gluten in den Gerichten zu finden ist.

Aminosäure Prolin macht Probleme
Das Problem bei einer Gluten-Unverträglichkeit besteht darin, dass der Körper nicht dafür ausgestattet ist, dieses Eiweiß, das viel von der Aminosäure Prolin enthält, abzubauen. Die Aminosäure Prolin ist wichtig für gesunde Knochen und Knorpel und kann normalerweise vom Körper aus Glutaminsäure hergestellt werden. Die meisten Menschen haben damit keine Probleme, aber bei einer Gluten-Intoleranz sorgt dies für die nötigen Komplikationen. Wenn die unverdauten Eiweiße vom Magen weiter in den Verdauungstrakt gelangen, wird eine Entzündungsreaktion im Dünndarm in Gang gesetzt mit entsprechenden Folgen. Die Wissenschaftler in Maastricht haben nun gezeigt, dass ein bestimmtes Enzym des Schimmels Aspergillus niger in der Lage ist, das Gluten in Stücke zu zerlegen und zu verdauen, noch bevor es den Magen verlässt. Das Enzym - eine sogenannte Prolylendopeptidase AN-PEP - wurde für die Studie als Nahrungsergänzungsmittel an zwölf gesunde Freiwillige verabreicht.

Enzym wirkt unabhängig von der Kalorienmenge
Für die Studie erhielten die Probanden zwei verschiedene Mahlzeiten. Der Unterschied zwischen den Mahlzeiten bestand in der Kalorienmenge, die Glutenmenge war bei beiden gleich. Jeweils zu einer Hälfte der Mahlzeiten wurde das Schimmel-Enzym hinzu gefügt, zur anderen Hälfte wurde ein wirkstofffreies Placebo gegeben. »Das Vorhandensein des Enzyms sorgte für eine deutliche Wirkung im Vergleich mit dem Placebo«, sagt Bouke Salden, Gastroenterologin in Maastricht, die zusammen mit ihren Kollegen die Studie durchführte. »Das meiste Gluten war nämlich bereits im Magen verdaut, so dass es sicher weiter in den Verdauungstrakt gelangen konnte. Es spielte dabei keine Rolle, ob die Mahlzeit viel oder wenig Kalorien hatte.« Obwohl die Ergebnisse besonders positiv sind, bedeutet das nicht, dass das Enzym eine glutenfreie Diät ersetzen kann. Salden: »Es kann allerdings dazu beitragen, die Beschwerden durch unbewusst aufgenommenes Gluten so viel wie möglich zu beschränken. Das macht beispielsweise einen Restaurantbesuch doch wieder ein Stückchen angenehmer.«

Quelle: Salden et al.: Randomised clinical study: Aspergillus niger-derived enzyme digests gluten in the stomach of healthy volunteers. Aliment Pharmacol Ther. 2015 Aug;42(3):273-85. doi: 10.1111/apt.13266

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