Montag, 6. Juni 2016

Kojibiose: Süßes sorgenfrei geniessen


Kojibiose ist eine gesunde Zucker-Alternative
(Foto: Maddox74 - pixabay.com)
Der Zuckerersatz Kojibiose ist kalorienarm, zahn- und figurfreundlich und gut für die Darmflora.


Die Vorliebe für den süßen Geschmack ist uns tatsächlich angeboren. Für unsere Vorfahren bedeutete Süßes viele Kalorien und damit viel Energie. In den Anfängen der Evolution bildete das die Grundlage fürs tägliche Überleben. Nicht umsonst schmeckt Muttermilch sehr süß und lieben Kinder Süßigkeiten in jeder Form. Der süße Geschmackssinn ist auch eine Geschmacksrichtung, die uns bis ins hohe Alter erhalten bleibt. Im Gegensatz zu den restlichen Geschmäckern, die wir mit zunehmendem Lebensalter immer schlechter wahrnehmen können. Kein Wunder also, dass in jedem von uns eine mehr oder weniger große Naschkatze steckt. Zucker gehört zu unserem täglichen Leben und nur die wenigsten wollen darauf komplett verzichten. Doch leider birgt der süße Genuss auch gewisse Gefahren: Übergewicht, Fettleber und Zahnschäden sind nur einige davon. Eine Alternative stellen Zuckerersatzstoffe dar, auch wenn sie geschmacklich meist nicht mit Haushaltszucker mithalten können. Doch nun gibt es wieder Hoffnung auf eine weitere Alternative aus der Kategorie Zuckerersatz: Kojibiose.

Kojibiose: natürlicher Zweifachzucker
Kojibiose? Nie von gehört, werden Sie jetzt sagen. Doch Wissenschaftlern ist Kojibiose durchaus ein Begriff. Der Zweifachzucker wurde schon in den 1950-er Jahren in japanischem Reiswein entdeckt und erhielt den Namen Koji nach dem Schimmel Aspergillus oryzae, mit dem der japanische Reiswein Sake hergestellt wird. Kojibiose kommt in kleinen Mengen in der Natur vor, zum Beispiel auch in Honig. Doch das Extrahieren von Kojibiose aus natürlichen Quellen ist nicht lohnend und eine synthetische Herstellung ist schwierig. Deshalb schwankt der Preis für wenige Milligramm des Zuckers um die 1.000 Euro. Wissenschaftler der Fakultät biochemische und mikrobielle Technologie der Universität Gent haben nun ein Enzym entwickelt, dass aus normalem Zucker Kojibiose macht. Kojibiose enthält viel weniger Kalorien, ist ungefährlich für die Zähne und wirkt sogar wie ein Präbiotikum, das das Wachstum gesunder Bakterien im Dickdarm fördert. Kojibiose ist den Wissenschaftlern zufolge ein idealer Ersatz für klassische Süßstoffe wie Sucrose und Fruktose.

Kalorienarm, zahnschonend und darmfreundlich
»Es schmeckt süß, hat aber wenig Kalorien«, sagt Professor Tom Desmet. »Im Gegensatz zu normalem Zucker wie Sucrose und Fruktose ist dieser Süßstoff nicht schlecht für die Zähne. Außerdem ist dieser Zucker gut für den Darm. Er wirkt wie ein Präbiotikum, ein Nahrungsmittel, das für eine gesunde Darmflora sorgt.«
Präbiotika, wie auch beispielsweise Inulin, werden immer wichtiger für die Vorbeugung von Krankheiten wie Diabetes, Krebs und Darmentzündungen wie Morbus Crohn. Es gibt tatsächlich nur wenige Präbiotika, die süß schmecken und daher als Zuckerersatz dienen können, doch das kann sich mit dem neuen Zucker Kojibiose nun ändern. Und im Gegensatz zu anderen natürlichen Zuckerersatzstoffen wie Stevia hat Kojibiose keinen Beigeschmack.

Zufällige Entdeckung
Das Forschungsteam von Professor Desmet ist spezialisiert auf die Anpassung von Enzymen und die Wissenschaftler stießen mehr zufällig auf diesen besonderen Zucker. »Wir spielten ein wenig mit dem Enzym Sucrose-Phosphorylase aus dem Bifidobakterium adolescentis herum und wie das häufiger so geht, merkten wir rein zufällig, dass das Enzym winzige Mengen Kojibiose produzierte«, sagt Professor Desmet. »Also fingen wir an auszuprobieren, wie sich das Enzym so verbessern lässt, dass es nur noch diesen Zucker herstellt.« Eigentlich dient das Enzym dazu, um Sucrose in Glucose-1-Phosphat und Fruktose zu spalten. Umgekehrt kann es auch Glukose dimerisieren, also verbinden; normalerweise entsteht dann Maltose, aber manchmal verdreht sich eine der Glukosen ein wenig und es entsteht Kojibiose.

Genetischer Eingriff fördert die Produktion von Kojibiose
Durch die Kombination von rationalem Proteindesign und zufälliger Mutagenese - ein wissenschaftlicher Prozess, bei dem die Gene eines Organismus so verändert werden, dass wieder ein stabiler Organismus entsteht - konnte Tom Verhaeghe, ein Doktorand innerhalb des Forschungsteams, einen doppelten Mutanten des Enzyms entwickeln, der zu 95 Prozent Kojibiose produziert. Um große Testmengen zu erzeugen, wird das Enzym einfach mit herkömmlichem Zucker aus Zuckerrüben gemischt.

Produktion auf industrieller Ebene jetzt möglich
Mit diesem Biokatalysator kann Kojibiose auf industriellem Niveau hergestellt werden, mit sehr billigen Grundstoffen und mit einer endgültigen Reinheit von mehr als 99 Prozent. Auf diese Weise würden einige Kilogramm Kojibiose auch nur wenige Euro kosten, meint Professor Desmet.
»Die Studie ist bemerkenswert, weil sie bereits die Schritte beinhaltet, die notwendig sind, um erfolgreich den biokatalytischen Prozess zu entwickeln, vom Enzym bis hin zum Endprodukt«, sagt Bernd Nidetzky, ein Spezialist für Enzyme an der Technischen Universität Graz in Österreich. Desmet hofft nun, zusammen mit der Nahrungsmittelindustrie zu erforschen, ob Kojibiose tatsächlich ein tragfähiger Ersatz für herkömmlichen Zucker sein kann. Eine Reihe großer Firmen hat das Forschungsteam bereits kontaktiert.
Dennoch müssen sich Naschkatzen, Schleckermäulchen und Genussspechte noch mindestens drei bis vier Jahre gedulden, bevor das süße Vergnügen ohne Reue Wirklichkeit werden kann, denn solange dauert die Prüfung und Zulassung als Inhaltsstoff für Nahrungsmittel.

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