Donnerstag, 28. Juli 2016

Crocs: beliebt, bunt, fußschädigend



Crocs, die bunten luftigen Gummischuhe, sind zwar bei groß und klein beliebt, aber nicht wirklich gesund für die Füße. Experten raten vom Dauergebrauch ab.


Man liebt sie oder man hasst sie: Crocs. Nur wenige Schuhmodelle polarisieren Modeinteressierte so sehr wie die leichten klobigen Plastiktreter mit den Luftlöchern. Ohne Zweifel sind sie im Sommer ein Hingucker, denn es gibt sie in allen nur denkbaren Knallfarben und ausgefallenen Mustern. Ursprünglich 2002 als rutschfester Schuh für Wassersportler erfunden, entwickelten sich die Entenschlappen aus Plastik schnell zum Verkaufsschlager. Mehr als 300 Millionen Paar in 90 Ländern der Welt gingen seitdem über den Verkaufstresen. Leicht, robust, resistent gegen Salz- und Süßwasser, durch das antimikrobielle Harzmaterial geruchshemmend, wurden die Gummi-Clogs zum begehrtesten Schuh im Beruf und in der Freizeit. Von der Arzthelferin über den Gärtner bis zu Prominenten wie Al Pacino oder George W. Bush: Crocs sind heiß geliebt und es gibt kaum einen Schuhschrank ohne ein Paar Crocs.



Unverwüstliches Material

Die Gummi-Sandale eroberte seit ihrer Erfindung schnell den Schuhmarkt. Der Erfolg ist natürlich zum größten Teil auf das Material zurückzuführen: Klassische Crocs bestehen aus Croslite-Material, ein stoßdämpfendes Granulat, das für eine maximale Dämpfung konstruiert wurde. Zudem ist es beständig gegen UV-Licht und recycelbar. Croc-Träger schwören auf die besondere Bequemlichkeit und Luftdurchlässigkeit der knalligen Gummi-Latschen. Eltern und Kinder lieben sie, weil sie nach einem Ausflug in Matsch-Pfützen und Modder-Tümpeln einfach mit Wasser abgespült werden können und gleich wieder einsatzfähig sind. Und obwohl das alles sich nach einem idealen Schuhwerk anhört, warnen Orthopäden vor dem Dauertragen der kunterbunten Crocs.



Mediziner warnen vor Dauergebrauch

Wegen ihrer Bequemlichkeit, Luftdurchlässigkeit und ihres geringen Gewichts hielt man die Gummi-Treter zunächst sogar für fußfreundlich. Doch inzwischen mehren sich kritische Stimmen von Medizinern. »Tragen Sie Crocs nie länger als einige Stunden am Tag, denn die Ferse sitzt nicht fest in diesen Schuhen«, warnt Dr. Megan Leahy, Podologin und Fußexpertin vom Illinois Bone and Joint Institute in Chicago. »Die Ferse bekommt wenig Halt und dadurch neigen die Zehen dazu, sich festzukrallen. Das kann zu Problemen mit den Fußnägeln führen, zu Sehnenentzündungen, Hühneraugen und Schwielen. Zehenfehlstellungen können sich verschlimmern. Dasselbe kann allerdings auch mit Flipflops oder anderen Schuhen, die hinten offen sind, passieren.«



Gute Abrollbewegung unmöglich

Dr. Alex Kor, Präsident der amerikanischen Akademie für podologische Sportmedizin, betont, dass das wichtigste Attribut in jedem Schuh das Fußbett ist. Wird der Fuß zwischen Ferse und Zehen nicht gut unterstützt und kann nicht ordentlich abrollen, ist es nur eine Frage der Zeit, wann die ersten Fußbeschwerden auftreten. Gerade das tiefe Einsinken des Fußes in das weiche Gummi, das Crocs-Träger besonders lieben, sehen Fußspezialisten kritisch. Durch den fehlenden Widerstand wird das Fußgewölbe nicht ausreichend trainiert und Sehnen und Muskeln werden überbelastet. Fußprobleme und die Entwicklung von Fehlstellungen wie Knick-, Spreiz- und Hohlfuß mit entsprechenden Schmerzen sind vorprogrammiert. Schließlich kann das auch weiter entfernt liegende Gelenke beeinträchtigen. Durch ein verändertes Gangbild können Rücken-, Hüft- und Kniebeschwerden auftreten. »Die einzigen Patienten, für die das Tragen von Crocs vorteilhaft ist, sind Menschen mit einem sehr hohen Fußgewölbe und Patienten, die an ausgeprägten Ödemen, also Wassereinlagerungen in Beinen und Knöcheln leiden«, erklärt Kor. »Aber unter keinen Umständen kann ich das Tragen von Crocs für acht oder zehn Stunden täglich empfehlen. Crocs sind keine guten Alltagsschuhe, sondern eher modisches Accessoire.« Dr. Leahy stimmt zu und ergänzt: »Crocs sind in Ordnung für den Strand oder im Schwimmbad, aber sollten nicht für lange Wanderungen und Spaziergänge getragen werden. Zudem stelle ich fest, dass Kinder und sogar Erwachsene dazu neigen, in diesen Schuhen schneller zu stolpern.«



Als Berufsschuhe in Kliniken umstritten

Inzwischen bekommt der Hype um die unförmigen Gummi-Clogs noch mehr Dämpfer. Nicht nur Orthopäden raten vom ausgiebigen Tragen der Schuhe ab, auch in vielen Kliniken und Krankenhäusern sind Crocs als Berufsschuh nicht mehr gerngesehen und seit 2010 in Amerika, Schweden, England, Österreich und der Schweiz bereits verboten. Denn über die Kunststoffschuhe kann der Träger elektrostatische Spannung aufbauen, die sich bei Berührung schlagartig entladen kann. Wie eine Expertise des TÜV Austria ergeben hat, sind durch solche Entladungen Beeinträchtigungen medizinischer Geräte möglich, zum Beispiel elektrische Schocks in Herzkathetern oder die Zerstörung von Röntgenaufnahmen. Die Crocs entsprechen wegen ihres nicht leitfähigen Materials nicht der Sicherheitsnorm, meint der TÜV. Der Hersteller warnt natürlich vor einer Hysterie. Die Aufladung hänge auch von zusätzlichen Faktoren wie Bodenbelag, Temperatur und Luftfeuchtigkeit ab, gibt die Firmensprecherin Tia Mattson zu bedenken. Doch die Gummischuhe sollen in jedem Fall weiter optimiert werden, um den speziellen Anforderungen bestimmter Kundengruppen gerecht zu werden.



Schadstoffe inklusive

Eine Analyse des Westdeutschen Rundfunks (WDR) hat 2013 ergeben, dass die bunten Plastik-Clogs auch hinsichtlich der Schadstoffbelastung nicht völlig unbedenklich sind. Es wurden zwar keine polyzyklischen Kohlenwasserstoffe (PAK), die als besonders krebserregend gelten, in den Crocs gefunden, aber zwei Lösungsmittel, die Hautreizungen und Allergien auslösen können. Das ist vor allem für Kinder problematisch, deren Haut noch dünner ist als bei Erwachsenen und so Schadstoffe schneller über die Haut aufgenommen werden. Eine gesündere Alternative für die Füße sehen Orthopäden in Sandalen mit Fußbett. Sie geben den Füßen Halt, fördern das natürliche Abrollen des Fußes, einen optimalen Bewegungsablauf des Körpers und sind trotzdem leicht und luftig. So können auch die Füße den Sommer genießen.

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