Montag, 2. April 2018

Schlafprobleme und Stress am Arbeitsplatz führen zu Cybermobbing


Schlechter Schlaf macht Jugendliche zu Mobbing-Tätern, bei Männern ist eher Stress am Arbeitsplatz der Grund.

Mobbing in der mehr oder weniger anonymen Welt des Internets gehört inzwischen schon zum Alltag. Denn wenn man seinem Gegenüber nicht direkt in die Augen sehen muss, fällt es leicht, denjenigen zu demütigen. Doch welche Ursachen führen zu diesem Verhalten, das vor allem online ausgelebt wird? Belgische Forscher haben sich mit der Frage beschäftigt und unterschiedliche Gründe festgestellt, je nach Alter und Geschlecht.
Schlechter Schlaf lässt Teenager online mobben
Teenager, die schlecht schlafen, verhalten sich online häufiger aggressiv, ergab eine Studie der Universität Antwerpen und der Katholischen Universität Lüttich. Dass schlechte Schlafqualität allerlei negative Auswirkungen auf unsere geistigen und körperlichen Funktionen hat, wurde bereits ausführlich bewiesen, aber nun steht schlechter Schlaf auch in Verbindung mit Cybermobbing. „Heranwachsende, die schlecht schlafen, werden öfter wütend. Die Wut scheinen sie im Internet abzureagieren, in dem sie dort andere mobben,“ erklärt Psychologin und Studienleiterin Sara Erreygers.
Schlechter Schlaf macht aggressiv
Wenn Jugendliche älter werden, gehen sie später schlafen und die Quantität und Qualität ihres Schlafes nimmt ab. Eine ungenügende Nachtruhe wirkt sich negativ auf die Funktion des präfrontalen Cortex aus, dem Teil unseres Gehirns, der eine wesentliche Rolle spielt, wenn es darum geht, vernünftige, wohlüberlegte Entscheidungen zu treffen und mit unseren Gefühlen umzugehen. Infolgedessen hat schlechter Schlaf Auswirkungen auf unser emotionales und soziales Verhalten. So ist schon länger bekannt, dass schlechter Schlaf Menschen schneller wütend und feindselig werden lässt. Außerdem fördert schlechter Schlaf auch aggressives Verhalten, nicht nur bei Menschen, sondern auch bei Tieren.
Wut wird online abreagiert
Die neue Studie mit mehr als 1.500 Schülern im Alter von etwa 14 Jahren hat gezeigt, dass schlechte Schlafqualität auch Cybermobbing begünstigt. Die Schüler wurden gefragt, wie gut sie ein- und durchschliefen, ob sie morgens gut aus dem Bett kamen und wie oft sie andere im Internet gemobbt hatten, zum Beispiel durch Drohungen oder das online stellen peinlicher Fotos oder Videos. Je schlechter die Schüler schliefen, desto öfter waren sie wütend und mobbten andere online. Sowohl schlechtere Schlafqualität als auch Cybermobbing wurden außerdem mit der Nutzung von Computer, Smartphone und Tablet in Verbindung gebracht, aber selbst wenn man dies berücksichtigte, blieb der Zusammenhang zwischen schlechtem Schlaf, Wut und Cybermobbing bestehen.
Abreagieren ist online einfacher
Es könnte durchaus sein, dass Jugendliche ihre Wut online leichter abreagieren als offline. Wenn wir wütend sind, ist es sicherlich oft nicht möglich, diese Wut gegenüber der Person zu äußern, die uns verärgert hat, weil es sich beispielsweise um den Vorgesetzten oder den Lehrer handelt oder weil die Person in diesem Moment nicht anwesend ist. Wir reagieren unsere Wut dann oft an anderen Menschen ab, ein Phänomen, das wir als „verschobene Aggression“ bezeichnen. Online wütend auf jemand anderen zu werden ist noch viel einfacher als offline, denn das Internet ist sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag verfügbar. Wir können uns völlig anonym ausleben und es gibt wenig Kontrolle über unser Verhalten“, sagt Sara Erreygers.

Stärkung der sozialen und emotionalen Kompetenzen
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Nutzung digitaler Medien nicht nur Einfluss auf die Schlafqualität hat, sondern dass die Schlafqualität wiederum auch Einfluss darauf hat, wie sich Jugendliche über diese digitalen Medien gegenüber anderen verhalten. „Maßnahmen zur Verbesserung der Schlafqualität bei Jugendlichen könnten daher auch in Anti-Mobbingkampagnen aufgenommen werden,“ sagt Sara Erreygers. „Darüber hinaus ist es auch wichtig, Jugendlichen beizubringen, wie sie mit ihrem Ärger und anderen Gefühlen richtig umgehen, ohne sich (online) an anderen abzureagieren“, fügt Erreygers hinzu. „Die Stärkung der sozialen und emotionalen Fähigkeiten von Jugendlichen ist unerlässlich, um Probleme wie Cybermobbing grundlegend anzugehen.“

Aber nicht nur Jugendliche werden online schnell zu Mobbing-Tätern, auch erwachsene Männer, die beruflichen Stress erleben, neigen dazu, andere in der Online-Welt zu demütigen.
Stress am Arbeitsplatz lässt Männer online mobben
Nicht nur ein paar unruhige Nächte fördern Online-Mobbing. Nach einem harten Arbeitstag leben Männer ebenfalls gerne ihren Frust im Internet aus. An Tagen, an denen Männer viel Stress am Arbeitsplatz erleben, fühlen sie sich mehr verärgert und reagieren sich durch negatives Verhalten im Internet ab, ergaben die Forschungen. „Während Männer das Internet als Ventil für ihre negativen Gefühle wählen, suchen Frauen eher Unterstützung bei ihrem Partner oder bei Freunden“, erklärt Arbeitspsychologin und Studienleiterin Ivana Vranjes.
Für die Studie wurden 90 Doppelverdiener eine Woche lang zweimal täglich über Stress am Arbeitsplatz befragt. Ob sie beispielsweise Leistungsdruck erlebt hatten oder Streit mit Kollegen. Zudem sollten sie angeben, wie sie sich bei der Rückkehr nach Hause fühlten und welche Reaktionen sie im Verlauf des Abends online gestellt hatten, zum Beispiel negative Kommentare oder positiven Zuspruch.
An den Tagen mit viel Stress am Arbeitsplatz, kehrten sowohl Frauen als auch Männer verärgerter nach Hause zurück. Auffallend ist, dass Männer sich dann online aggressiver äußerten. Männer, die wütend nach Hause kamen, berichteten über mehr negative Aktionen im Internet, wie das Ausschließen oder Beleidigen anderer, das Posten negativer Kommentare und das Weiterleiten peinlicher Fotos und Videos.
Online weniger Hemmungen
Weil wir durchweg viel Wert auf unsere Arbeit und den Erhalt unseres Arbeitsplatzes legen, erscheint es uns manchmal besser, Frustrationen durch Arbeit, Kollegen oder Vorgesetzte nicht unmittelbar am Arbeitsplatz zu äußern. Das Internet kann dabei für manche einen Ausweg bieten. Online sind wir nicht immer direkt sichtbar und fühlen uns oft weniger gehemmt in unserem Verhalten. Mit anderen Worten, online fühlen wir uns sicherer, wenn wir unsere Frustrationen ausleben und das scheint mehr bei Männern als bei Frauen der Fall zu sein“, erklärt Ivana Vranjes.
Die Ergebnisse stimmen mit früheren Forschungen überein, die gezeigt haben, dass Frauen in stressigen Situationen häufiger Unterstützung bei Partner oder Freunden suchen, während Männer ihre Gefühle mehr in sich hineinfressen, was wiederum auf lange Sicht aggressives Verhalten provoziert. Es ist daher möglich, dass Männer ihren Ärger gegenüber Kollegen oder Familienmitgliedern unterdrücken, ihn aber dann online weitergeben.
Diese Studie verdeutlicht den Einfluss, den die Arbeit auf unser tägliches Funktionieren und sogar auf unser Verhalten zu Hause haben kann. Darum ist es wichtig, der Förderung einer gesunden Arbeitsumgebung genügend Aufmerksamkeit zu widmen. Darüber hinaus ist es auch angebracht, den Menschen beizubringen, wie sie mit negativen Gefühlen umgehen sollen, um zu verhindern, dass sie sich online zum Beispiel durch Mobbing abreagieren“, erklärt Vranjes.

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