Mittwoch, 24. September 2025

Darum ist Grippe für Senioren so gefährlich

Für Senioren kann Grippe lebensgefährlich werden (Foto: pixabay.com)


Niemand hat gerne Grippe, aber für die meisten Menschen beschränkt sich die Krankheit auf ein paar Tage mit Fieber im Bett. Für Senioren sieht das anders aus: Für sie kann Grippe lebensgefährlich sein. Wissenschaftler haben nun herausgefunden, warum das Alter bei echter Grippe so entscheidend ist.

 

Wissenschaftler der China Agricultural University, der University of Nottingham und der University of Edinburgh berichten, dass ältere Menschen viel höhere Mengen des Proteins Apolipoprotein D (ApoD) produzieren. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes glykosylierendes Eiweiß, also ein Glykoprotein, das normalerweise eine positive Rolle beim Fettstoffwechsel und bei Entzündungsprozessen spielt. Glykosylierung ist ein biochemischer Prozess, bei dem Zuckermoleküle an Proteine oder Fette gebunden werden. Dadurch verändern sich deren Struktur und Funktion. Dieser Prozess ist entscheidend für die Zellkommunikation, die Erkennung durch das Immunsystem und die Stabilität von Proteinen. Ohne Glykosilierung würden viele Prozesse im Körper, wie zum Beispiel das Immunsystem und der Energiehaushalt, nicht richtig funktionieren. In den Lungen älterer Patienten jedoch zerstört ApoD in Kombination mit dem Influenzavirus, dem Grippeerreger, allerlei Gewebe.

ApoD steht im Weg

Die Forschenden fanden heraus, dass eine erhöhte ApoD-Produktion bei Senioren zu schweren Gewebeschäden während einer Grippeinfektion führt. Das Protein unterdrückt nämlich die antivirale Reaktion von Typ-I-Interferonen. Dabei handelt es sich um wichtige Botenstoffe unseres Immunsystems. Dadurch können sich Viren ungehindert vermehren und die Lunge zusätzlich schädigen. „Das Altern ist einer der wichtigsten Risikofaktoren für die Sterblichkeit durch Influenza. Darüber hinaus altert die Weltbevölkerung in einem Tempo, das wir in der Geschichte der Menschheit noch nie erlebt haben. Das stellt das Gesundheitswesen und die Wirtschaft vor große Herausforderungen. Daher ist es sehr wichtig, dass wir verstehen, warum ältere Patienten oft so schwer an einer Grippe erkranken“, sagt der Wissenschaftler Kin-Chow Chang von der University of Nottingham.

Abbau von Mitochondrien

Die Wissenschaftler kamen zu ihren Schlussfolgerungen, indem sie menschliches Lungengewebe älterer Spender unter die Lupe nahmen. Außerdem untersuchten sie alternde Mäuse im Labor. So konnten sie den genauen Mechanismus dahinter aufdecken. Sie entdeckten, dass ApoD den Abbau von Mitochondrien anregt, ein Prozess, der als Mitophagie bezeichnet wird.

Mitochondrien sind die Energiezentralen der Zellen und spielen darüber hinaus eine Schlüsselrolle bei der Aktivierung von schützenden Interferonen (Proteine mit antiviraler Wirkung). Wenn diese Strukturen massiv abgebaut werden, verliert das Immunsystem seine Stärke. All dies führt zu einer viel höheren Virusproduktion und zu enormen Schäden am Lungengewebe.

Ansatzpunkt für neue Behandlungsmethoden

Die Entdeckung der Rolle des Proteins ApoD ist laut den Forschenden ein wichtiger Schritt in der Entwicklung neuer Behandlungsmethoden. Wenn es Ärzten gelingt, dieses Protein zu blockieren oder zu hemmen, sind Senioren viel besser vor den schwerwiegenden Folgen der Grippe geschützt, so die Idee. „Es besteht nun eine reale Chance, die Schwere der Grippe bei Senioren durch die Bekämpfung von ApoD zu mildern“, sagt Chang.

Die Grippe fordert weltweit jährlich Hunderttausende Todesopfer, wobei ältere Menschen mit Abstand am anfälligsten sind. Eine Impfung hilft, bietet jedoch keinen vollständigen Schutz, insbesondere nicht bei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem. Die gezielte Ausschaltung eines schädlichen Proteins wie ApoD wäre daher ein enormer Fortschritt im Kampf gegen die jährliche Grippewelle.

Die Wissenschaftler betonen, dass weitere Studien erforderlich sind, um sichere und wirksame Behandlungsmethoden zu entwickeln. Dennoch ist ihre Entdeckung vielversprechend: Sie zeigt, dass altersbedingte Veränderungen im Körper manchmal gezielt bekämpft werden können.

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