Mittwoch, 16. August 2023

Darum verhält sich Cholesterin bei Frauen (manchmal) anders



Ein zu hoher Cholesterinspiegel im Blut gilt sowohl bei Männern als bei Frauen als ein Risikofaktor für Gefäßkrankheiten. Aber Cholesterin verhält sich nicht bei beiden Geschlechtern gleich, was bei der Behandlung noch zu wenig berücksichtigt wird.

 

In den letzten Jahren wächst das Bewusstsein, dass sich Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei Männern und Frauen unterschiedlich äußern können. Dass sich Herzinfarkte bei Männern und Frauen nicht immer auf die klassische Art und Weise zeigen, wird zunehmend bekannt, aber auch die Rolle des Cholesterins ist bei den Geschlechtern unterschiedlich.

Arterienverkalkung entwickelt sich bei Frauen anders

„Beim Prozess der Arteriosklerose (Gefäßverkalkung), der zahlreichen Herz-Kreislauf-Erkrankungen zugrunde liegt, beobachten wir einen auffälligen Unterschied zwischen Männern und Frauen“; sagt die Kardiologin Dr. Janneke Wittekoek (Heartlife Kliniken Utrecht), eine der Pionierinnen der Frauenherzforschung. Bei Männern beginnt sich das überschüssige LDL-Cholesterin in der Gefäßwand nach dem bekannten Muster abzulagern, bei dem sich das Cholesterin auf einer Seite ansammelt und eine Verengung bildet. Wenn diese Verengung größer wird und einen großen Teil der Arterie verstopft, führt dies zu offensichtlichen Symptomen wie Kurzatmigkeit bei Anstrengung. Solche Cholesterinablagerungen werden meist festgestellt, wenn ein Blutgefäß vollständig verschlossen wird und es zu einem plötzlichen Herzstillstand oder Herzinfarkt kommt.

Bei Frauen treten winzige Gefäßkrämpfe auf

Die Ansammlung von Cholesterin bei Frauen erfolgt eher verstreut über die Arterienwand als an einer Stelle. Diese andere Art der Ansammlung bei Frauen führt in der Regel zu einer allgemeinen Schädigung der kleinen Blutgefäße im Alter rundum die 50. „Dies kann dazu führen, dass die kleinen Gefäße um das Herz herum, aufgrund von sogenannten Gefäßkrämpfen weniger gut funktionieren. Bei Frauen führt dies zu Schmerzen in der Brust, aber bei der Bilddarstellung der großen Arterien ist davon natürlich nichts zu bemerken. In der Vergangenheit wurden Frauen daher manchmal ohne Behandlung weggeschickt, aber vor kurzem wurde ein spezieller Spasmus-Provokationstest entwickelt, der winzige Gefäßkrämpfe aufspürt. Neben der Behandlung von Risikofaktoren wie dem Cholesterinspiegel gibt es auch Medikamente zur Behandlung dieser kleinen Gefäßkrämpfe.“

Östrogen schützt die Gefäße

Dass Frauen bis zur Menopause weniger Herz-Kreislauf-Erkrankungen bekommen, ist auf das weibliche Hormon Östrogen zurückzuführen. Dies wirkt sich günstig auf die Gefäßwand und den Fettstoffwechsel aus und schützt vor Arterienverkalkung und Gefäßkrämpfen. Nach der Menopause, wenn die weiblichen Hormone absinken, holen Frauen die Männer wieder ein, was das Herzinfarktrisiko betrifft. Auch das „schlechte“ LDL-Cholesterin kann um bis zu 14 Prozent ansteigen. Es wird daher dringend empfohlen, dass alle Frauen nach der Menopause ihren Cholesterinspiegel (erneut) bestimmen lassen, um die Risikofaktoren besser einschätzen zu können. „Eigentlich sollte man das so früh wie möglich wissen. Je früher man seine Risiken kennt, desto mehr Zeit hat man, sie durch Lebensstilanpassungen zu verbessern. Das ist ohnehin immer der erste Schritt in der Behandlung.“

Frauenfreundliche Statine

Frauen haben im Durchschnitt ein um 60 Prozent höheres Risiko für Nebenwirkungen von Medikamenten im Vergleich zu Männern. Tatsächlich wurden Medikamente in der Vergangenheit vor allem an Männern getestet. „Aber Frauen haben eine andere Fettverteilung, ein geringeres Gewicht, eine langsamere Magenentleerung, eine andere Durchblutungsgeschwindigkeit der Nieren. Das alles führt dazu, dass Medikamente anders verarbeitet werden. Das gilt auch für cholesterinsenkende Statine.“ Neuere Studien berücksichtigen auch Frauen. „Statine sind ein hervorragendes Medikament, nur an der Dosierung für Frauen könnte man noch etwas drehen. Daher bevorzuge ich Rosuvastatin, das frauenfreundlichste Medikament, das auch etwas anders verstoffwechselt wird. Außerdem fange ich immer mit einer so niedrig wie möglichen Dosierung an, um sie bei Bedarf langsam zu erhöhen. Das weicht also von den für Männer entwickelten Leitlinien ab.“

Muskelschmerzen sind sowohl bei Frauen als auch bei Männern die häufigste Nebenwirkung, obwohl Dr. Wittekoek dazu eine Anmerkung macht. „Muskel- und Gelenkbeschwerden treten ohnehin mit zunehmendem Alter häufiger auf und sind sicher nicht immer auf die Einnahme von Statinen zurückzuführen.“

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