Montag, 4. September 2023

Schädliche Stoffe in umweltfreundlichen Trinkhalmen



Trinkhalme aus alternativen Stoffen wie Papier, Bambus und Glas enthalten schädliche Stoffe wie PFAS und sind nicht so umweltfreundlich wie erwartet.

 

Belgische Forschungen zeigen, dass viele Alternativen zu den inzwischen verbotenen Plastiktrinkhalmen wie Papier, Bambus oder Glas PFAS enthalten und daher nicht so harmlos sind wie angenommen.

Plastiktrinkhalme seit 2021 verboten

Um die Menge an Plastik, die in der Natur verteilt ist, zu reduzieren, wurde der Verkauf von Einwegplastikprodukten in der EU im Jahr 2021 verboten. Neben Einwegbesteck, Einwegtellern und Wattestäbchen wurden auch Trinkhalme aus Plastik verboten. Um die Umwelt zu schonen, wurden Letztere vielerorts durch Papiervarianten ersetzt, die aufgrund ihrer störenden Neigung schnell aufzuweichen, meist zur Eile beim Trinken zwingen. Darüber hinaus gibt es inzwischen alternative Trinkhalme aus Bambus, Glas und Edelstahl. Wesentlich umweltfreundlicher als Plastikvarianten, so die Überlegung.

PFAS in alternativen Trinkhalmen

Neue Forschungsergebnisse, die in der Fachzeitschrift „Food Additives & Contaminants“ veröffentlicht wurden, deuten nun darauf hin, dass diese gut gemeinten Alternativen nicht annähernd so umweltfreundlich und harmlos sind wie sie scheinen. Eine Analyse von Trinkhalmen, die unter anderem aus Papier, Bambus und Edelstahl bestehen und in Geschäften, Fast-Food-Restaurants und Supermärkten erhältlich sind, zeigt nun, dass der größte Teil von ihnen Per- und Polyfluoralkylsubstanzen, kurz PFAS, enthält. „Trinkhalme aus pflanzlichen Materialien wie Papier und Bambus werden oft als nachhaltigere und umweltfreundlichere Alternative angepriesen“, sagt der Wissenschaftler Thimo Groffen. „Aber das Vorhandensein von PFAS in diesen Trinkhalmen bedeutet, dass dies nicht unbedingt stimmt.“

Frühere Studien stellten bereits PFAS fest

Die Erkenntnis, dass pflanzliche Alternativen für die Plastiktrinkhalme PFAS enthalten, kommt nicht aus heiterem Himmel. Frühere Studien in den USA zeigten schon, dass pflanzliche Trinkhalme, die in den USA hergestellt und verkauft wurden, PFAS enthielten. „Andererseits gab es schon früher Studien, die nachgewiesen haben, dass PFAS in Nahrungsmittelkontaktmaterial vorhanden waren, um dieses Material auf diese Art wasser- und fettabweisend zu machen“, erzählt Groffen. Trotzdem haben vergleichbare Forschungen über pflanzliche Trinkhalme in Belgien die Wissenschaftler dennoch überrascht. „Was uns sehr wohl überraschte, war, dass PFAS nicht nur in Trinkhalmen aus Papier und Bambus gefunden wurden, um sie wasser- und fettabweisend zu machen, sondern auch in Materialien, in denen sie eigentlich nicht eingesetzt werden, wie zum Beispiel Glas.“

PFAS sind fast überall

Wie bereits erwähnt, haben die Wissenschaftler verschiedene Arten von Trinkhalmen unterschiedlicher Hersteller unter die Lupe genommen. Dabei suchten sie gezielt nach 29 Arten von PFAS, von denen sie dann 18 in den verschiedenen Arten von Trinkhalmen fanden. 15 dieser Stoffe wurden häufig gefunden. Am häufigsten wurden PFAS in Papiertrinkhalmen gefunden: PFAS fand man in 18 von 20 getestetem Marken. Bei Trinkhalmen aus Bambus fand man PFAS in vier von fünf getesteten Marken. Bei Glas waren sie in zwei von fünf Marken enthalten. Interessanterweise wurden in Trinkhalmen aus Edelstahl (von denen die Wissenschaftler fünf Sorten getestet haben) keine PFAS gefunden.

Niedrige Konzentrationen

Die Konzentrationen der nachgewiesenen PFAS seien gering, betonte Groffen. „Die Gesamtkonzentration dieser 15 am häufigsten beobachteten PFAS lag meist unter zwei Nanogramm pro Trinkhalm, aber in einigen Fällen wurde eine Gesamtkonzentration von bis zu etwa sieben Nanogramm pro Gramm Trinkhalm beobachtet.“ Angesichts dieser geringen Konzentration und der Tatsache, dass die meisten Menschen Trinkhalme nur gelegentlich benutzen, ist nicht zu erwarten, dass PFAS-Konzentrationen in Trinkhalmen zu giftigen Auswirkungen führen. Aber: „Kleine Mengen von PFAS - obwohl sie nicht akut schädlich sind - können zu der bereits im Körper vorhandenen chemischen Belastung hinzukommen“, so Groffen. „Die Menschen sind PFAS und anderen Chemikalien auf unterschiedlichen Wegen ausgesetzt. Im Hinblick auf PFAS ist die Ernährung besonders wichtig. Wir nehmen PFAS zum Beispiel über das Trinkwasser und Lebensmittel wie Eier auf. PFAS können sich, wie auch andere Stoffe, in unserem Körper anreichern. So kann die Konzentration dieser Stoffe in unserem Körper immer höher werden, insbesondere wenn die Belastung nicht verringert wird. Die Verwendung von Trinkhalmen kann also eine zusätzliche Quelle von PFAS für unseren Körper sein, und die kombinierte Aufnahme und Anreicherung kann zu verschiedenen gesundheitlichen Auswirkungen führen.“

Herkunft unklar

Derzeit ist unklar, wie genau die PFAS in pflanzliche Trinkhalme gelangen. Die Tatsache, dass fast alle Trinkhalmmarken PFAS enthalten, deutet darauf hin, dass die „ewigen Chemikalien“ absichtlich hinzugefügt wurden, um die Trinkhalme wasserfest zu machen. Eine andere Möglichkeit ist jedoch, dass die PFAS aus dem Boden stammen, in dem die Pflanzenmaterialien für die Trinkhalme gewachsen sind, oder aus dem Wasser, das diese Pflanzenmaterialien im Laufe ihres Lebens aufgenommen haben.

Austretende PFAS

Die Wissenschaftler haben auch nicht untersucht, ob die PFAS tatsächlich aus den Trinkhalmen in die Getränke übergegangen sind. Letzteres ist jedoch nicht undenkbar. Zumal PFAS in einigen Trinkhalmen gefunden wurden, die dafür bekannt sind, dass sie sich leicht in Wasser (oder anderen Flüssigkeiten) auflösen.

Nicht automatisch nachhaltig

Auch wenn es noch einige Fragen gibt, die in Folgestudien beantwortet werden müssen, scheint es inzwischen sicher, dass die meisten Alternativen zum Plastiktrinkhalm nicht automatisch umweltfreundlich sind. „Das Vorhandensein von PFAS in Papier- und Bambustrinkhalmen zeigt, dass sie nicht unbedingt biologisch abbaubar sind“, argumentiert Groffen.

Wenn es nach Groffen ginge, sollten wir die Trinkhalme einfach links liegen lassen. Aber für diejenigen, die das nicht wollen oder zum Beispiel aus gesundheitlichen Gründen nicht können, gibt es eine Art von Trinkhalm, die in Sachen Nachhaltigkeit recht gut abschneidet. “ Unsere Forschungen zeigen, dass Trinkhalme aus Edelstahl die nachhaltigste Alternative zu Plastiktrinkhalmen sind. Sie können wiederverwendet und recycelt werden und scheinen keine PFAS zu enthalten, zumindest nicht die 29 Arten von PFAS, die wir untersucht haben.“

Was sind PFAS?

PFAS ist eigentlich eine Sammelbezeichnung für Tausende von Chemikalien. Diese Stoffe werden künstlich hergestellt und kommen ursprünglich nicht in der Natur vor. PFAS sind sehr nützlich, denn sie weisen unter anderem Schmutz, Wasser und Fett ab. Deshalb werden sie in zahlreichen Produkten verwendet, von Lebensmittelverpackungen über Antihaftbeschichtungen in Bratpfannen und Kleidung bis zu Kosmetika. Es gibt jedoch immer mehr Studien, die zeigen, dass einige PFAS schädlich für die Umwelt und den Menschen sind. So werden einige PFAS mit gesundheitlichen Problemen wie Leberschäden, Nierenkrebs, niedrigem Geburtsgewicht, erhöhtem Cholesterinspiegel und Schilddrüsenerkrankungen in Verbindung gebracht. Darüber hinaus lassen sich PFAS nur schlecht oder gar nicht abbauen. Letzteres hat ihnen daher den eindeutigen Spitznamen „Ewigkeitschemikalien“ eingebracht.

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