Donnerstag, 9. November 2023

Der Menstruationszyklus verändert das Gehirn



Launisch, emotional oder gerade energiegeladen: Viele Frauen wissen, dass sie sich im Verlauf eines Menstruationszyklus nicht immer gleich fühlen. Das ist nicht verwunderlich: Unter dem Einfluss der Hormone finden im Gehirn alle möglichen Veränderungen statt.

 

Amerikanische Wissenschaftler von der University of California beobachteten die Menstruationszyklen von 30 Frauen. Ziel war es, ganz genau zu erfassen, welche strukturellen Veränderungen im Gehirn stattfanden, wenn die Menge der verschiedenen weiblichen Hormone schwankte.

Mehr Einfluss als gedacht

Es stellte sich heraus, dass diese Hormone viel mehr Auswirkungen haben als angenommen. Sie bewirkten nicht nur, wie erwartet, Veränderungen in Hirnregionen, die mit der Menstruation zusammenhängen, sondern auch in anderen Bereichen. „Diese Ergebnisse sind die ersten, die deutlich machen, dass es gleichzeitige Veränderungen in der Mikrostruktur der weißen Substanz und der kortikalen Dicke gibt, die mit dem durch den Menstruationszyklus bestimmten Hormonrhythmus übereinstimmen“, schreiben die Wissenschaftler. Ein dünnerer Kortex wird mit einem kognitiven Abbau in Verbindung gebracht und mit einer schlechteren Gehirnleistung.

Die Veränderungen weisen darauf hin, dass die Auswirkungen weiter reichen als angenommen. „Starke Auswirkungen der Gehirn-Hormon-Interaktion sind möglicherweise nicht auf die klassische Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPG-Achse) und Bereiche mit hoher Rezeptordichte beschränkt“, so die Wissenschaftler. Man kann sich die HPG-Achse als ein Regelsystem vorstellen, bei dem ein Teil der Hormonproduktion im Hypothalamus, in der Hypophyse und in den Keimdrüsen reguliert wird.

Weiße und graue Hirnsubstanz

Die graue Substanz besteht hauptsächlich aus Nervenzellen und befindet sich vor allem an der Außenseite des Gehirns. Die graue Substanz ist der Bereich, in dem Informationen verarbeitet werden. Die weiße Substanz befindet sich an der Innenseite. Es sind die Verbindungen zwischen den Nervenzellen. Um diese Verbindungen herum befindet sich eine weiße Isolierschicht, die Myelin genannt wird. Die weiße Substanz leitet Informationen weiter.

Auswirkungen auf das Gehirn wenig bekannt

Frauen menstruieren durchschnittlich etwa 450 Mal im Laufe des Lebens. Es ist also durchaus interessant, wie sich das aufs Gehirn auswirkt. Das wurde bisher nicht sehr ausführlich untersucht. Die meisten Forschungen richteten sich auf die Kommunikation im Gehirn während kognitive Aufgaben ausgeführt werden und nicht was allgemein im Gehirn passiert.

„Zyklische Schwankungen der Hormone in der HPG-Achse haben starke Auswirkungen auf das Verhalten und die Gehirnfunktionen durch die Aktivität im zentralen Nervensystem“, heißt es. „Dennoch ist noch nur sehr wenig bekannt darüber, wie diese Schwankungen die strukturellen Knotenpunkte und Informationsschnellwege im menschlichen Gehirn verändern.“

Ein MRT-Scan brachte Klarheit

Die Forschenden konnten nun Licht ins Dunkel bringen. Sie fanden heraus, dass sich die Mikrostruktur der weißen Hirnsubstanz unter dem Einfluss von Hormonen verändert. Dies geschieht zum Beispiel in der Pubertät, aber auch durch die Einnahme der Antibabypille, eine Hormontherapie und eine postmenopausale Östrogentherapie.

Um mehr darüber herauszufinden, wurden die Teilnehmerinnen einem MRT-Scan unterzogen: währen der Menstruation selbst, während des Eisprungs und dazwischen. Vor den Scans maßen die Wissenschaftler den Hormonspiegel der Teilnehmerinnen. Dann wurden die Daten miteinander verglichen, und es zeigte sich etwas Besonderes: Mit den Hormonschwankungen änderte sich auch das Volumen der grauen und weißen Hirnsubstanz sowie die Menge der Gehirnflüssigkeit.

Hormone verursachen unterschiedliche Veränderungen

Um genau zu sein: Kurz vor dem Eisprung, wenn das Hormon Östradiol und das luteinisierende Hormon (LH), das den Eisprung anregt, zunehmen, wiesen die Gehirne der Teilnehmerinnen Veränderungen in der weißen Substanz auf, die auf eine schnellere Informationsübertragung hinwiesen. Das follikelstimulierende Hormon, das vor dem Eisprung ansteigt und die Eierstockfollikel anregt, wurde mit einer dickeren grauen Substanz in Verbindung gebracht. Progesteron, das nach dem Eisprung ansteigt, führte unter anderem zu einer Abnahme der Gehirnflüssigkeit.

Zeit für mehr Forschung

Was dies genau bedeutet, ist nicht bekannt, aber diese Studie legt den Grundstein für künftige Forschungen zur Erklärung von Verhaltensänderungen während des Menstruationszyklus. „Obwohl wir zu diesem Zeitpunkt, noch keine funktionellen Folgen oder Wechselbeziehungen der strukturellen Veränderungen im Gehirn benennen, könnten unsere Ergebnisse Auswirkungen auf hormonell bedingte Veränderungen im Verhalten und in der Gehirnleistung haben“, so die Forschenden. „Die Erforschung der Beziehung zwischen Gehirn und Hormonen ist notwendig, um die Funktionsweise des Nervensystems im Alltag, während verschiedener Hormonphasen und im Laufe des Lebens besser zu verstehen.“

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