Mittwoch, 22. November 2023

Nach einer Gehirnerschütterung steigt für Frauen das Risiko für Depressionen



Eine Gehirnerschütterung erhöht bei Frauen das Risiko für Depressionen um 50 Prozent im Vergleich zu Männern.

 

Eine Gehirnerschütterung ist natürlich nicht schön, aber im Prinzip nichts, worüber man sich sehr große Sorgen machen muss. Zumindest hat man das bis jetzt gedacht. Eine neue Studie zeigt nun, dass Frauen nach einer Gehirnerschütterung ein viel größeres Risiko für Depressionen haben.

Geschlecht spielt nach Gehirnerschütterungen eine Rolle für Depressionen

Um genau zu sein, ist die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen nach einer Gehirnerschütterung oder Hirnprellung an einer Depression erkranken, um 50 Prozent höher als bei Männern. Zu diesem Schluss kommen Harvard-Forscher nach der Analyse von Daten aus neun Studien mit insgesamt rund 700.000 Teilnehmern.

„Die meisten Studien, die einen Zusammenhang zwischen nicht angeborenen traumatischen Hirnverletzungen und Depressionen aufzeigen, beziehen sich in erster Linie auf Männer“, sagt der Studienleiter Isaac Freedman von der Harvard Medical School in Boston. „Unsere Studie enthält stattdessen überzeugende Beweise dafür, dass das Geschlecht eines Patienten einen großen Einfluss auf das Risiko depressiver Symptome beispielsweise nach einer Gehirnerschütterung hat.“

Langfristige Beschwerden

Im Jahr 2016 wurden in den Niederlanden mehr als 47.000 Menschen mit traumatischen Hirnverletzungen in die Notaufnahme eingeliefert. Davon hatten etwas mehr als 80 Prozent eine Gehirnerschütterung und knapp 20 Prozent eine Hirnprellung. Letztere ist wesentlich schwerwiegender. Die große Mehrheit ist jünger als 65 Jahre. Die Folgen dieser Hirnverletzung sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Die Symptome einer Gehirnerschütterung klingen oft innerhalb von zwei Monaten ab. Die Auswirkungen einer Hirnprellung dauern in der Regel länger an. Es ist möglich, dass ein Patient sein ganzes Leben lang darunter leidet. Die Betroffenen sind oft müde, schwindelig, schnell überreizt, haben Schwierigkeiten, sich richtig zu konzentrieren, und sind vergesslich. Das tägliche Leben ist in der Regel sehr viel anstrengender und die Genesung erfordert viel Ruhe. Bei mittelschweren bis schweren Hirnverletzungen können Verhaltensänderungen, Gedächtnisprobleme und andere Symptome sehr lange anhalten.

Nicht angeborene Hirnverletzung

Jedes Jahr erleiden 1,5 Millionen Amerikaner solche Hirnverletzungen. Häufige Ursachen sind ein Schlag auf den Kopf, ein Motorradunfall, Selbstverletzung oder ein gewalttätiger Angriff, aber viele Menschen erleiden auch eine Gehirnerschütterung durch Kontaktsportarten. Bei Frauen sind Stürze und körperliche Misshandlungen in der Partnerschaft häufige Ursachen für eine Gehirnerschütterung oder Hirnprellung, aber auch beim Frauenfußball kommt es häufig zu schädlichen Schlägen oder Tritten gegen den Kopf. Und das bleibt nicht ohne Folgen. „Frauen, die wiederholt Kopfverletzungen und Gehirnerschütterungen erlitten haben, leiden eher an Depressionen“, sagt der Wissenschaftler und Neurochirurg Mani Sandhu von der University of Iowa.

Patienten und Ärzte gut informieren

Hierüber ist noch wenig bekannt. „Frauen müssen besser über das höhere Risiko einer Depression nach einer Hirnverletzung informiert werden, auch wenn sie keine psychischen Probleme in der Vergangenheit hatten. Es ist wichtig, dass sie die Anzeichen und Symptome erkennen und wissen, wann sie Hilfe suchen sollten“, erklärt Freedman. Darüber hinaus ist es von entscheidender Bedeutung, dass Ärzte entsprechend geschult werden und schneller an die Möglichkeit einer Depression denken, wenn Frauen Opfer einer nicht angeborenen Hirnverletzung geworden sind.

Schwankende Hormonspiegel

Die amerikanischen Wissenschaftler analysierten neun Studien, in denen fast 700.000 Opfer von Gehirnerschütterungen oder Hirnprellungen untersucht wurden. Fast 30 Prozent der Teilnehmerinnen litten danach an einer Depression. Von den teilnehmenden Männern litten knapp 22 Prozent in der Zeit nach der Gehirnerschütterung oder Hirnprellung an einer Depression. Das bedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit, an einer Depression zu erkranken, bei Frauen um 48 Prozent höher ist als bei Männern. Die Forschenden wissen nicht genau, warum Depressionen bei Frauen häufiger auftreten. Es ist jedoch bekannt, dass Frauen generell ein höheres Risiko für die Erkrankung haben, was mit stark schwankenden Hormonspiegeln zusammenhängt.

Soziologische Gründe

„Der unterschiedliche Aufbau des Gehirns und der Gehirnschaltkreise bei Männern und Frauen in Verbindung mit Faktoren wie mangelnder sozialer Unterstützung, sozioökonomischer Status und unzureichenden Behandlungsmethoden kann dazu führen, dass Frauen nach einer Hirnverletzung anfälliger für Depressionen sind als Männer“, so der Wissenschaftler Benjamin Gruenbaum. Um nicht angeborenen Hirnverletzungen vorzubeugen, sollte man sich im Auto immer anschnallen und im Straßenverkehr sowie beim Sport möglichst einen Helm tragen, raten die Wissenschaftler.

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