Dienstag, 16. August 2016

Phantom-Sättigung: Ein volles Gefühl mit leerem Magen


Ballaststoffreiche Trinkmahlzeiten mit wenig Kalorien passieren schneller den Magen, sättigen aber stärker als kalorienreiche Flüssignahrung.


Ballaststoffe wurden lange Zeit wenig beachtet und für eher unwichtig in der Ernährung gehalten. Das hat sich in den vergangenen Jahrzehnten geändert und die unverdaulichen Pflanzenstoffe gelten inzwischen als unverzichtbarer Bestandteil einer gesunden Ernährung. In den Niederlanden wurde nun untersucht, wie sich Ballaststoffe in Trinkmahlzeiten auf Sättigung und Sättigungsgefühl auswirken.



Ballaststoffe machen satt, nicht Kalorien

Nahrung mit vielen Ballaststoffen sorgt für mehr Sättigung als kalorienreiche Nahrungsmittel. Obwohl kalorienreiche Nahrung mit wenig Ballaststoffen länger im Magen bleibt als ballaststoffreiche Nahrung. Aus Forschungen der niederländischen Universität Wageningen geht hervor, dass das sättigende Gefühl von Ballaststoffen nicht nur von der Verweildauer im Magen abhängt. Auch die Ess-Geschwindigkeit, der Geschmack und das Gefühl im Mund tragen zum Sättigungsgefühl bei. Die Forschungsergebnisse wurden im »AmericanJournal of Clinical Nutrition« veröffentlicht.



Ballaststoffreiche Shakes machen satt

Wie sich die Aufnahme von Ballaststoffen und Kalorien auf das Sättigungsgefühl auswirkt, wurde mit vier verschiedenen Flüssigmahlzeiten in Form von Shakes untersucht. Die Shakes hatten entweder 100 oder 500 Kalorien und die dicken Shakes enthielten viele Ballaststoffe, die dünnen Shakes wenig unverdauliche Nahrungsbestandteile. Wie erwartet, zeigte die Studie, dass ein dünner Shake mit 500 Kalorien - ein Viertel der täglich benötigten Gesamtmenge - viel weniger sättigt und ein weniger volles Gefühl im Magen hinterlässt als ein dicker Shake. Ein auffallendes Ergebnis ist, dass ein dicker Shake mit 100 Kalorien weniger lange im Magen bleibt, aber dennoch ein wesentlich volleres Gefühl im Magen erzeugt. Im Gegensatz zu der dünnen Variante der Trinkshakes mit 500 Kalorien. »Die Testpersonen hatten nach dem Trinken des dicken Shakes mit 100 Kalorien weniger Lust noch etwas zu essen, obwohl ihr Magen eigentlich ziemlich leer war«, so Guido Camps, einer der Studienautoren.



Phantom-Sättigung: Volles Gefühl bei leerem Magen

»Aus den Studienergebnissen schlussfolgern wir, dass Ballaststoffe nicht so sehr für einen vollen Magen mit anschließendem Sättigungsgefühl sorgen, sondern für eine direkte Sättigung. Den zugrunde liegenden Prozess verstehen wir noch nicht vollständig und muss weiter erforscht werden. Das Gefühl von Sättigung kann mit verursacht werden durch langsames Essen und ein längeres Geschmacksgefühl«, sagt Kees de Graaf, Hochschullehrer für Sensorik und Essverhalten. In der Publikation nennen die Wissenschaftler das volle Gefühl durch Ballaststoffe bei gleichzeitig relativ leerem Magen »phantom fullness« - Phantom-Sättigung. Das stellt das Gegenstück zu leeren Kalorien dar; Nahrung, die schnell gegessen wird und wenig satt macht. Phantom-Sättigung könnte in jedem Fall dazu beitragen, weniger Kalorien aufzunehmen, meinen die Wissenschaftler.

Der Ballaststoff, den die Wissenschaftler in ihrer Studie verwendeten, ist Johannisbrotkernmehl, der auch verwendet wird, um Babynahrung anzudicken. Wahrscheinlich haben auch andere quellfähige Ballaststoffe diese Wirkung, aber um das mit Sicherheit festzustellen, sind weitere Forschungen nötig.



Rolle von Geschmack und Magenausdehnung für das Sättigungsgefühl

Die Studie ist ein Teil des europäischen Forschungsprojekts »Nudge-it«, bei dem die Universität Wageningen den Einfluss von Geschmack und Magenausdehnung auf den Prozess der Sättigung untersucht. Für diese Forschungen wurden magnetresonanztomographische Aufnahmen des Magens verwendet, um zu bestimmen, wie viel von einer Mahlzeit sich im Magen befindet und wie viel bereits den Magen passiert hat. Diese Mengen werden mit den Angaben von Testpersonen verglichen, die zu bestimmten Zeiten angeben, wie voll und gesättigt sie sich fühlen. Diese Forschungsmethode wurde so zum ersten Mal in den Niederlanden benutzt.



Ballaststoffe: warum sie wichtig sind

Ballaststoffe sind ein Sammelbegriff für eine Reihe von Kohlenhydraten, die nicht oder nur teilweise verdaut werden. Trotzdem spielen sie für unsere Gesundheit eine äußerst wichtige Rolle.

Die Gründe, warum Ballaststoffe gesund sind:

  • Ballaststoffe sind unverdaulich, sie verlassen den Körper wieder bei der Darmentleerung. Im Darm nehmen sie Flüssigkeit auf. Das hat einen positiven Effekt auf den Stuhlgang. Menschen, die schnell unter Verstopfung leiden, müssen darauf achten, genügend Ballaststoffe zu essen. Ein regelmäßiger Stuhlgang wird außerdem mit einem geringeren Darmkrebsrisiko in Verbindung gebracht.
  • Die unverdaulichen Nahrungsbestandteile sorgen für gesunde Blutfette und senken damit das Risiko für Herz- und Gefäßkrankheiten.
  • Ballaststoffe machen länger satt. Sie liefern fast keine Kalorien, füllen aber den Magen. Das ist besonders beim Abnehmen hilfreich.
  • Ballaststoffe verzögern den Nahrungstransport im Darm, so dass der Blutzuckerspiegel langsamer steigt und fällt. Das kann Diabetes vorbeugen und ist für Menschen, die bereits Diabetes haben, positiv, denn so werden große Blutzuckerschwankungen vermieden.



Es gibt verschiedene Arten von Ballaststoffen. Grob unterscheidet man zwischen löslichen (fermentierbaren) und unlöslichen (nicht fermentierbaren) Ballaststoffen.



Lösliche und unlösliche Ballaststoffe

Lösliche Ballaststoffe werden im Dickdarm durch Bakterien abgebaut. Die Pflanzenfasern dienen dort den guten Bakterien als Nahrung, aber auch den Darmzellen selbst. Damit tragen sie zu einem gesunden Immunsystem bei, denn diese Bakterien und Darmepithelzellen unterstützen die Körperabwehr und schützen vor Krankheitserregern.



Nicht lösliche Ballaststoffe werden nicht von Bakterien abgebaut. Sie bleiben intakt und nehmen Flüssigkeit auf. So vergrößern sie das Volumen des Stuhls und halten ihn geschmeidig. Auf diese Weise sorgen sie für einen guten und leichten Stuhlgang. Für eine gesunde Ernährung ist auch wichtig, zu variieren. Weil Ballaststoffe in unterschiedlichen Produkten vorhanden sind, ist Variation einfach in den Speiseplan zu bringen und sind schnell herrliche Mahlzeiten zusammengestellt.



Aus welchen Produkten können Sie wählen?

  • Alle Sorten Obst und Gemüse
  • Alle Vollkornprodukte (z.B. Vollkornbrot, -reis, -nudeln, Müsli)
  • Kartoffeln
  • Hülsenfrüchte
  • Nüsse und Samen



Pro Tag benötigt ein Mensch ungefähr 30 bis 40 Gramm Ballaststoffe. Das hängt allerdings auch von Größe, Gewicht und Geschlecht ab. Man rechnet ungefähr 14,2 Gramm pro 1.000 Kalorien. Achten Sie jedoch auch auf eine ausreichende Trinkmenge und genügend Bewegung, sonst kann es trotzdem zu Verstopfung kommen.

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