Dienstag, 16. Februar 2016

Magensäurehemmer: Ballaststoff Inulin beugt Muskelkrämpfen vor


 
Omeprazol kann auf Dauer Magnesiummangel verursachen
(Foto: By Siufaiho (talk).Siufaiho at en.wikipedia [Public domain], from Wikimedia Commons)

Magensäurehemmer können bei längerem Gebrauch einen bedrohlichen Magnesiummangel verursachen. Der Ballaststoff Inulin kann vorbeugen.




Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol gehören neben Cholesterinsenkern zu den meist verordneten Medikamenten in Deutschland. Millionen Menschen nehmen sie jahrelang täglich ein, um die Bildung von Magensäure zu hemmen. Das kann notwendig sein bei Geschwüren im Magen-Darm-Trakt und beim Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre (Refluxkrankheit). Inzwischen sind niedrig dosierte Magensäurehemmer sogar nicht mehr rezeptpflichtig. Doch der Dauergebrauch kann zu Problemen führen. Vitamine und Mineralstoffe werden nicht mehr so gut im Magen aufgenommen und bei einem Teil der Anwender kommt es zu einem ernsten Magnesiummangel. Diese Unterversorgung führt zu sehr schmerzhaften Muskelkrämpfen oder sogar Herzrhythmusstörungen. Niederländische Wissenschaftler fanden nun heraus, dass die Verabreichung des Ballaststoffs Inulin diesem Mangel vorbeugen kann.



Magnesium lebenswichtig für Muskeln, Nerven, Knochen

Magnesium ist lebensnotwendig für unseren Körper. Der Mineralstoff spielt eine Rolle beim Anspannen der Muskeln, für eine gute Funktion der Nerven und sorgt - zusammen mit Vitamin D und Kalzium - auch für stabile Knochen. Darm, Nieren und Knochen regeln die Konzentration von Magnesium im Blut. Da Nahrung die einzige Quelle für Mineralstoffe darstellt, ist die Aufnahme im Darm essenziell für den Magnesiumhaushalt. Die Wissenschaftler vom Raboudumc Nimwegen entdeckten bei Forschungen an Mäusen, dass der Ionenkanal TRPM6 dabei eine wichtige Rolle spielt. Über diesen Kanal gelangt das Magnesium in die Darmzellen und wird ins Blut transportiert. Die Wissenschaftler stellten fest, dass der Säureblocker Omeprazol den Transport des Magnesiums über diesen Ionenkanal TRPM6 hemmt. Jährlich landen einige Langzeitanwender dieses Magensäureblockers im Krankenhaus mit Muskelkrämpfen und Herzrhythmusstörungen, verursacht durch einen Magnesiummangel.



Mangel frühzeitig erkennen und Schäden vorbeugen

Mark Hess untersuchte deshalb auch den Magnesiummangel durch Protonenpumpenhemmer bei Patienten. In einer Studie mit 200 Anwendern von Magensäureblockern hatten 13 Prozent einen Magnesiummangel mit Beschwerden wie Muskelkrämpfe und Erschöpfung. Hess: »In den Niederlanden benutzen schätzungsweise drei Millionen Menschen langfristig Magensäureblocker, also kämpfen möglicherweise tausende von Menschen mit Magnesiummangel. Das Problem bei einem Magnesiummangel ist, dass er lange keine Beschwerden macht und deshalb werden die Säureblocker im Dauergebrauch angewendet.« Außerdem wird der Magnesiumspiegel bei einer Blutuntersuchung nicht standardmäßig gemessen. Dennoch ist es wichtig, eine Unterversorgung frühzeitig zu entdecken, denn ein Magnesiummangel spielt zum Beispiel auch eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Diabetes.



Ballaststoff Inulin sorgt für bessere Aufnahme

Mark Hess untersuchte weiterhin eine mögliche Behandlung für Patienten mit einem gestörten Mineralhaushalt durch die Anwendung von Omeprazol. In einer Studie mit Mäusen zeigte er, dass der Ballaststoff Inulin, der unter anderem in Chicorée vorkommt, den Säuregrad im Darm senkt, wodurch das Magnesium besser aufgenommen werden kann. Er untersuchte die Wirkung von Inulin bei zehn Patienten mit einem Magnesiummangel. Sie nahmen die Ballaststoffe gleichzeitig mit der Nahrung, zum Beispiel Joghurt, ein. Bei den Patienten sorgte eine zweiwöchige Anwendung des Ballaststoffes Inulin für eine Wiederherstellung des Magnesiumspiegels im Blut, obwohl die Patienten weiterhin ihre Magensäureblocker einnahmen. Die Patienten gaben an, unter weniger Beschwerden wie Erschöpfung und Muskelkrämpfen zu leiden. In der Zukunft könnte Inulin bei einer größeren Patientengruppe getestet werden. Mark Hess: »Die Patienten, die an der Studie teilgenommen haben, benutzen noch immer den Ballaststoff Inulin.«



Protonenpumpenhemmer - die Risiken bei Langzeitanwendung

Alle Magensäureblocker können in Kombination mit anderen Medikamenten Wechselwirkungen hervorrufen. Die Wirkung von Epilepsiemedikamenten und von einigen Schlafmitteln kann verstärkt werden. Andere Wirkstoffe wie Clopidogrel, der die Blutgerinnung hemmt oder innerlich angewendete Pilzmedikamente sowie Schilddrüsenhormone werden dagegen in ihrer Wirkung beeinträchtigt. Die dauerhaft unterdrückte Säureproduktion kann - vor allem bei Senioren - die Kalziumaufnahme behindern und die Knochen schädigen. Durch die Hemmung der Magensäure werden auch Infektionen mit Bakterien, die schwere Durchfallerkrankungen auslösen, begünstigt. Eindringende Bakterien werden normalerweise durch die Magensäure bereits abgetötet und können nun ungehindert den Darm erreichen. Generell besiedeln bei langfristiger Einnahme der Magensäureblocker mehr Bakterien Magen und Speiseröhre. Von dort können sie auch leichter in die Lunge eindringen und Lungenentzündungen auslösen, wie niederländische Forschungen ergaben. Ausreichende Magensäure ist auch wichtig für die Blutbildung, sonst können Vitamin B12 und Eisen nicht richtig aus der Nahrung aufgenommen werden.



Ballaststoff Inulin - was er kann

Der Ballaststoff Inulin kann die Aufnahme von Magnesium und Kalzium im Körper erhöhen. Er wirkt präbiotisch, denn er sorgt für eine gesunde Darmflora, in dem er die guten Darmbakterien wie Lakto- und Bifidobakterien fördert und die unerwünschten Keime reduziert. Die Abbauprodukte, die die guten Bakterien nach der Aufnahme von Inulin produzieren, wirken sogar entgiftend auf den Darm und beugen Darmkrebs vor.

Inulin wird auch in Diabetikerprodukten als Stärke-Ersatz verwendet, denn Inulin verursacht keine Insulinausschüttung. Auch die Trigylceride, ein Teil der Blutfette, die sich ungünstig auf die Blutgefäße auswirken können, steigen nach dem Verzehr von Inulin nicht an. Inulin hat wenig Kalorien - nur 1,5 Kalorien pro Gramm - und ist vor allem in Chicorée, Knoblauch, Bananen, Zwiebeln, Getreide, Topinambur, Artischocken und Spargel vorhanden. Inzwischen gibt es das pflanzliche Inulin auch als Nahrungsergänzung in Pulver- oder Kapselform. Das Pulver schmeckt leicht süß und kann gut in Milchprodukte und Getränke eingerührt werden. Nur wer unter einer Fruktoseintoleranz leidet, muss das Polysaccharid Inulin meiden, denn der Ballaststoff ist aus Fruktoseeinheiten zusammengesetzt.



Quelle: Hess, M.W. Shifting electrolytes in Proton Pump Inhibitor (PPI)-Induced Hypomagnesemia. Radboud Universiteit Nijmegen 2015. http://hdl.handle.net/2066/147490

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.