Dienstag, 20. September 2022

Manche Süßstoffe können den Blutzucker erhöhen




Zwei künstliche Süßstoffe, Saccharin und Sucralose, können die Regulierung des Blutzuckerspiegels nach dem Essen behindern. Das ist möglicherweise eine Folge von Veränderungen der Darmflora.

 

Saccharin und Sucralose sind alternative Süßungsmittel für Menschen mit Stoffwechselstörungen wie Diabetes oder für Personen, die Gewicht verlieren wollen. Die Süßstoffe sind 20 Mal süßer als Zucker, und enthalten wenig bis keine Kalorien. Ein Team von Wissenschaftlern der amerikanischen John-Hopkins-Universität testete die Auswirkungen von vier Zuckeraustauschstoffen auf den Blutzuckerspiegel bei 120 Erwachsenen in Israel, die weiter gesund waren. Die Teilnehmer berichteten, dass sie in den sechs Monaten vor der Studie keine kalorienarmen Süßstoffe verwendet hatten.

Blutzuckertest

Die Teilnehmer wurden in sechs Gruppen aufgeteilt. 14 Tage lang erhielten die Teilnehmer in vier Gruppen dreimal täglich zwei Päckchen Aspartam, Sucralose, Saccharin oder Stevia, vier verschiedene künstliche Süßstoffe in Kombination mit Glukose als Füllstoff. Eine fünfte Gruppe nahm im gleichen Zeitraum die gleiche Menge Glukosepulver zu sich. Die letzte Gruppe erhielt keinen Nahrungszusatz.

Alle Teilnehmer trugen während der gesamten Studie (sowie eine Woche davor und danach) kontinuierlich ein Blutzuckermessgerät. Zu neun Zeitpunkten der Studie unterzogen sich die Teilnehmer einem Glukosetoleranztest, bei dem gemessen wird, wie gut der Körper den Blutzuckerspiegel nach dem Konsum von Glukose reguliert.

Blutzuckerspitzen

Die Forscher stellten fest, dass der Blutzuckerspiegel bei Personen, die Saccharin und Sucralose konsumierten, im Durchschnitt deutlich anstieg. In allen anderen Gruppen blieb der Blutzuckerspiegel stabil oder sank sogar leicht, selbst bei denjenigen, die täglich Glukose zu sich nahmen. Das deutet darauf hin, dass nicht der Glukosefüllstoff in den Süßstoffpaketen den Blutzuckerspiegel in die Höhe trieb, sagen die Wissenschaftler.

Nach dem Verzehr von Glukose ist mit einem erhöhten Blutzucker zu rechnen. Bei Menschen mit einer gestörten Blutzuckerreaktion ist der Anstieg jedoch größer und der Blutzuckerspiegel bleibt länger erhöht.

Darmbewohner als Auslöser

Das Wissenschaftsteam untersuchte außerdem täglich Stuhl- und Speichelproben der Teilnehmer. Sie fanden heraus, dass alle vier Süßstoffe die Menge und die Art der Bakterien im Mund und im Darm sowie deren Aktivität erheblich veränderten. Außerdem nahmen sie wöchentlich Blutproben. In diesen fanden sie entsprechende Veränderungen bei Molekülen, die als Nebenprodukte der Verdauung entstehen, den so genannten Metaboliten.

Einige Veränderungen der Blutmetaboliten in der Saccharin- und Sucralose-Gruppe wurden auch bei Menschen mit Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen beobachtet. Von einigen Metaboliten ist bekannt, dass sie beim Abbau von Zuckern eine Rolle spielen.

Darmfloratransplantation

Die Wissenschaftler transplantierten auch Stuhlproben aus den vier Testgruppen (Saccharin, Sucralose, Glukose, kein Zusatzstoff) in den Verdauungstrakt von Mäusen. Auf diese Weise wurde das Mikrobiom, die Kombination aller Darmbakterien, teilweise auf die Mäuse übertragen. Die Forschenden entdeckten, dass die Transplantate der Saccharin- und der Sucralose-Gruppe bei den Mäusen nach einer Mahlzeit zu einem Anstieg des Blutzuckerspiegels führten.

Das deutet darauf hin, dass Veränderungen im Mikrobiom den erhöhten Blutzuckerspiegeln zugrunde liegen, erklären die Wissenschaftler. Die Süßstoffe selbst erhöhen den Blutzucker laut dem Wissenschaftsteam nicht, sondern beeinträchtigen wahrscheinlich die Fähigkeit des Körpers, den Blutzuckerspiegel nach dem Essen durch Mechanismen zu beherrschen, die durch das Mikrobiom gesteuert werden.

Wasser trinken

Die gesundheitlichen Auswirkungen der Veränderungen in Darmflora und Stoffwechsel sind noch unbekannt. Die Wissenschaftler hoffen, dass künftige Forschungen dazu beitragen, diesen Zusammenhang zu entschlüsseln.

Alice Lichtenstein, die kardiovaskuläre Ernährung an der Tufts University erforscht, sagt, dass Langzeitstudien nötig sind, um festzustellen, ob der beobachtete Blutzuckeranstieg groß genug ist, um gesundheitliche Probleme zu verursachen.

„Wir sagen bestimmt nicht, dass jeder nun auf Getränke mit Zucker umsteigen soll“, sagt einer der Studienautoren. „Die sind nämlich eindeutig mit Stoffwechselkrankheiten in Verbindung gebracht worden. Die beste Option ist immer noch, wenn man Wasser trinkt.“ 

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