Sonntag, 26. Mai 2013

Würmer gegen metabolisches Syndrom?


Können Würmer Diabetes verhindern?
(Foto: Dmitry Lobanov - Fotolia.com)
Eine Infektion mit einem parasitären Wurm kann zu Krankheiten führen, doch nach neuen Erkenntnissen kann es in einigen Fällen auch heilsam sein.


Auf der Liste der unerwünschten Erkrankungen rangiert eine Infektion mit einem Wurmparasiten mit Sicherheit ziemlich hoch. Auch wenn durch moderne Arzneimittel solche Infektionen in einigen Regionen nicht mehr so bedrohlich sind, sind diese Parasiten in den Entwicklungsländern immer noch ein Hauptgrund für Krankheiten und Arbeitsunfähigkeit.

Heilsame Parasiten

Doch einer neuen internationalen Studie zufolge sind nicht alle Parasiten schlecht. Denn sobald ein parasitärer Wurm sich in seinem Wirt festgesetzt hat, scheidet er oft ein Zuckermolekül mit entzündungshemmenden Eigenschaften aus. Mit Hilfe des Zuckermoleküls kann der Parasit sich problemlos im Körper des Wirtes verbergen: Durch das Zuckermolekül wird das Immunsystem des Wirtes ausgetrickst, in dem Entzündungsreaktionen unterdrückt werden. Der Wirt hat keinerlei Beschwerden durch seinen ungebetenen Gast und die Anwesenheit des Wurms bleibt verborgen. Dieses Molekül könnte bei der Behandlung metabolischer Krankheiten helfen, die im Zusammenhang mit Adipositas stehen.

Zuckermolekül bremst Folgen der Fettleibigkeit

Weil im Fettgewebe übergewichtiger Menschen Entzündungsprozesse entstehen, die Folgeerkrankungen wie Arteriosklerose, Insulinresistenz und Diabetes hervorrufen, erwarteten die Wissenschaftler einen Einfluss des Zuckermoleküls. Sie testeten ihre Hypothese an Mäusen, die an einer fettreichen Diät teilnahmen. Die Mäuse in der Testgruppe entwickelten durch die fetthaltige Ernährung unter anderem eine Insulinresistenz und hohe Cholesterin- und Triglyceridwerte. Die Kontrollmäuse, denen das Zuckermolekül verabreicht wurde, nahmen zwar an Gewicht zu, allerdings ohne die negativen Gesundheitsfolgen, die sich bei den Testmäusen zeigten. »Alle metabolischen Indikatoren, die mit Fettleibigkeit verbunden sind, gingen nach der Gabe des Zuckermoleküls auf Normalwerte zurück«, sagt Donald Harn, Co-Autor der Studie. »Es wird Adipositas nicht verhindern, aber es könnte einige Folgeerkrankungen lindern«.

Dieselben Zuckermoleküle, die die Parasiten ausschütten, wurden auch in menschlichen Föten und in Muttermilch gefunden, was nach Harns Vermutung für einen gut funktionierenden Stoffwechsel beim Neugeborenen sorgt. Außer in der Kindheit sind jedoch solche Zuckerverbindungen nur noch in wenigen Zellen zu finden und die einzige externe Quelle für solche Zuckermoleküle sind parasitäre Würmer. Weil Parasiten sich über Millionen von Jahren mit den Säugetieren mitentwickelt haben, glauben einige Wissenschaftler, dass die Beziehung zwischen Menschen und Würmern mehr symbiotisch als parasitär ist und dass leichte Wurminfektionen auch Vorteile haben können.

»Die Häufigkeit entzündungsbasierter Krankheiten ist sehr niedrig in Ländern, in denen Menschen verbreitet mit Würmern infiziert sind«, sagt Harn. »Sobald man anfängt, die Menschen zu entwurmen, dauert es nicht lange, bis solche Autoimmunerkrankungen auftauchen.«

Keine Eigentherapie mit Würmern

Die Wissenschaftler betonen, dass Menschen sich nun aber nicht selbst mit einer Wurminfektion behandeln sollten. Die Forschungen bieten aber Hinweise für neue Therapiemethoden. Nicht nur für Erkrankungen, die mit Übergewicht zusammenhängen, sondern auch für entzündungsbasierte Erkrankungen wie beispielsweise Schuppenflechte (Psoriasis). Das Zuckermolekül könnte sogar als Mittel gegen Abstoßungsreaktionen nach Organtransplantationen eingesetzt werden. Weiterhin hat es bei Mäusen die Symptome von multipler Sklerose gestoppt und rückgängig gemacht.

Bevor das Zuckermolekül an Menschen getestet werden kann, sind Folgestudien nötig, aber Wissenschaftler Donald Harn ist begeistert: »Wir sehen viel Potenzial für das Zuckermolekül. Hoffentlich kann sich das in Zukunft beweisen.« Die Studienergebnisse wurden im Fachmagazin »Nature Medicine« veröffentlicht.


Quelle: Donald A. Harn et al.: Immunomodulatory glycan LNFPIII alleviates hepatosteatosis and insulin resistance through direct and indirect control of metabolic pathways. Nature Medicine 18, 1665–1672 (2012), doi: 10.1038/nm.2962

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.