Mittwoch, 9. September 2015

Neue Essstörung bei Männern: Nahrungsergänzungsmittel für die Fitness


Steigender Konsum von Nahrungsergänzungen:
die neue Essstörung bei Männern?
(Foto: Bonoz - pixabay.com)
Immer mehr Männer greifen im Übermaß zu Nahrungsergänzungsmitteln, um mehr Leistung zu bringen und besser auszusehen.


In dem Bemühen die körperliche Leistungsfähigkeit ständig aufzubauen, greifen immer mehr Männer nicht zu verbotenen Mitteln wie Anabolika, sondern zu legalen und frei verkäuflichen Nahrungsergänzungsmitteln. Sie schlucken diese Mittel jedoch zunehmend in solchen Mengen, dass Experten es bereits als drohende Essstörung einordnen.

Nahrungsergänzungsmittel überall verfügbar
»Diese Produkte sind in Amerika beinahe allgegenwärtig in den Speisekammern junger Männer und können scheinbar inzwischen auch überall gekauft werden - vom Lebensmittelgeschäft bis zur Universitäts-Buchhandlung«, sagt Dr. Richard Achiro, Psychologe an der Alliant International University in Los Angeles, der die Forschungsergebnisse auf dem Jahreskongress der American Psychological Association präsentierte. »Die Werbestrategien, die maßgeschneidert auf die zugrunde liegenden Unsicherheiten mit der »Männlichkeit« passen, lassen diese Produkte als perfekte Lösung erscheinen. Sie füllen eine Lücke, die von so vielen in unserer heutigen Gesellschaft empfunden wird.«

Studie: 30 Tage Nahrungsergänzungen
Für die Studie untersuchten die Forscher 195 Männer im Alter zwischen 18 und 65 Jahren, die in den vergangenen 30 Tagen legale Nahrungsergänzungsmittel zur Leistungssteigerung oder für besseres Aussehen (z. B. Whey-Proteine, Kreatin, L-Carnitin) eingenommen hatten und mindestens zweimal wöchentlich aus denselben Gründen trainierten. Die Teilnehmer beantworteten online Fragen über Nahrungsergänzungsmittel-Konsum, Selbstachtung, Körperbild, Essgewohnheiten und Probleme mit der Geschlechterrolle.

Steigender Konsum von Nahrungsergänzungen riskant
Achiro und Co-Autor Peter Theodore stellten fest, dass mehr als 40 Prozent der Teilnehmer angegeben hatten, dass ihr Nahrungsergänzungsmittel-Gebrauch mit der Zeit gestiegen war und 22 Prozent ersetzten sogar regelmäßig Mahlzeiten durch Nahrungsergänzungen, die dafür eigentlich nicht bestimmt sind. Höchst alarmierend fand Achiro auch die Tatsache, dass 29 Prozent bereits selbst besorgt waren über den eigenen Umgang mit Nahrungsergänzungen. Und 8 Prozent der Teilnehmer gaben an, dass ihr Hausarzt ihnen bereits empfohlen hatte, die Nahrungsergänzungsmittel wegen vorhandener oder möglicher unerwünschter Nebenwirkungen zu reduzieren oder ganz aufzugeben. Drei Prozent der Teilnehmer waren sogar bereits mit Leber- oder Nierenproblemen aufgrund der Nahrungsergänzungen im Krankenhaus gelandet. Diese Daten waren Teil einer Skala, die von Achiro und Theodore entwickelt worden war, um eine riskante Anwendung von Nahrungsergänzungen entschlüsseln. Diese Skala stimmt sehr stark mit den anerkannten Symptomen für Essstörungen überein wie essensbezogene Sorgen und eingeschränkte Nahrungsaufnahme.

Ähnliche Symptome wie bei Essstörungen
»Die kritischste Auswirkung dieser Ergebnisse ist, dass riskanter und exzessiver Gebrauch von Nahrungsergänzungen in diese Skala aufgenommen werden muss, denn es betrifft eine bedeutende Anzahl von Männern«, sagt Achiro. Was diesen gefährlichen Missbrauch von legalen Trainings-Mitteln antreibt, meint Achiro, scheint eine Kombination verschiedener Faktoren zu sein, einschließlich Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, niedrige Selbstachtung und Probleme mit der Geschlechterrolle, die der Männlichkeit in unserer modernen Kultur enge Grenzen setzt.
»Körperbewusste Männer, die aufgrund von psychologischen Faktoren versuchen physische oder maskuline Perfektion zu erreichen, werden Opfer solcher Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente. Sie nutzen sie derart übermäßig, dass es gemäß unserer Studie eine Art von Essstörung darstellt«, sagt Achiro. »Weil legale Nahrungsergänzungen weltweit immer verbreiteter werden, ist es umso wichtiger, die psychologischen Ursachen und Wirkungen zu begutachten und den übermäßigen Gebrauch dieser Mittel zu behandeln.«

Quelle: Excessive workout supplement use: an emerging eating disorder in men, Richard Achiro and Peter Theodore, presented at the 2015 American Psychological Association Convention on 6 August 2015, abstract.

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