Sonntag, 28. August 2022

So beeinflussen Gefühle die Atmung



Wir denken selten darüber nach, aber wie wir atmen, wird stark beeinflusst von unseren Gefühlen und dem, was wir erleben. Traurigkeit hat ein anderes Schema als Stress, Wut oder Angst. Umgekehrt kann eine bestimmte Art der Atmung diese Gefühle hervorrufen.

 

Dass sich Angst und Atmung stark gegenseitig beeinflussen, ist bei Menschen mit Angststörungen besonders offensichtlich. Atemübungen werden bei ihnen häufig eingesetzt, um die Angstspirale zu durchbrechen und für mehr Ruhe und Entspannung zu sorgen. Aber auch wer keine Angststörung hat, wird feststellen, dass diese Emotion auf viele Vorgänge, wie zum Beispiel die Atmung, Einfluss hat.

Leiden Sie an E-Mail-Apnoe?

So kann unser Körper ein „Alarmsignal“ auch sehr gut simulieren. Unser Nervensystem ist nicht sehr gut darin, schnell zwischen schockierenden Schlagzeilen, schreienden Werbeslogans oder einem echten Hilferuf zu unterscheiden. Er pumpt vorsorglich sofort das nötige Adrenalin ins Blut, um auf diese Reize schnell reagieren zu können. Das kann sich bei der Büroarbeit in der sogenannten „E-Mail-Apnoe“ äußern. Ein Begriff, der von der amerikanischen Wissenschaftlerin Linda Stone geprägt wurde, die bei sich und vielen anderen ein seltsames Phänomen feststellte. Sobald eine neue E-Mail im Postfach eintraf, hielt sie unbewusst für einen Moment den Atem an, ein bisschen wie ein Reh, das erstarrt, weil es ein Rascheln im Gebüsch hört.

Eine Atempause sorgt für höchste Konzentration

Eine solche kurze Atempause legt die Nervenzellen im Atemzentrum des Gehirns vorübergehend lahm und erleichtert es, sich für kurze Zeit auf eine bestimmte Aufgabe zu konzentrieren. Die an der Einatmung beteiligten Muskeln können so entspannen. Ein solcher Moment höchster Konzentration auf eine einzige Aufgabe ist nützlich, wenn man zum Beispiel einen Faden durch ein Nadelöhr ziehen oder Schritte in einer dunklen Gasse orten will. Aber als Reaktion auf eine eingehende E-Mail oder eine Social-Media-Nachricht ist solch eine Atempause natürlich nicht sinnvoll. Da wir jeden Tag Dutzende davon erhalten, sorgt das vor allem dafür, dass ein ruhiger Atemfluss unterbrochen wird.

Halten wir also den Atem an, weil wir Angst vor dem Inhalt der E-Mail haben? Nicht unbedingt. Wir können auch den Atem anhalten und dadurch unseren Körper glauben lassen, dass wir Angst haben, obwohl das in Wirklichkeit nicht der Fall ist.

Der Atemrhythmus schwankt während des Tages

Unser Atemrhythmus schwankt im Laufe des Tages regelmäßig, je nach Anstrengung und Gefühlslage. Wenn wir von etwas begeistert sind, kann sich die Atmung entweder beschleunigen oder verlangsamen. Stress lässt uns kaum Zeit zum Durchatmen. Eine sehr monotone Atmung ist charakteristisch für Menschen, die trauern, manchmal unterbrochen durch Pausen für tiefe Seufzer. Wenn wir Angst haben, halten wir vorübergehend den Atem an. Es gibt auch Ereignisse, die uns den Atem buchstäblich rauben. Unsere Atmung ist also ein Spiegel unserer Gefühle, aber das funktioniert auch andersherum.

Mit der Atmung die Gefühle beeinflussen

Untersuchungen von Psychologen haben gezeigt, dass bestimmte Atemmuster oder Atemfrequenzen Gefühle hervorrufen können. Dabei untersuchte man die Atemmuster von Probanden, die sich wütend, traurig, glücklich oder ängstlich fühlten. Dann ließ man eine Gruppe von Freiwilligen genau nach diesem Schema atmen. Die Teilnehmer berichteten, dass sie genau die gleichen Gefühle erlebten. Mit anderen Worten: Wer wie ein wütender Mensch atmet, fühlt die Wut dann auch aufsteigen, selbst wenn es keinen Anlass dafür gibt.

So kann hektisches Atmen Angst hervorrufen, während langsames Atmen zu mehr innerer Ruhe führt. Was genau die Ursache dafür ist, blieb lange Zeit ein Rätsel. Bis Hirnforscher zumindest bei Mäusen entdeckten, dass es mit einer Gruppe von Nervenzellen im Gehirn zu tun hat, die speziell für das Atemzentrum zuständig sind. Diese Nervenzellen scheinen der Schlüssel zur beruhigenden Wirkung einer langsamen Atmung zu sein. Aber Mäuse sind natürlich keine Menschen, daher sind weitere Studien erforderlich, um die Ergebnisse zu bestätigen.

Was in jedem Fall für den Menschen gilt, ist, dass langsames Atmen in einem gleichmäßigen Schema (beim Einatmen bis vier zählen, beim Ausatmen bis sechs zählen) das Herz entlastet, die Durchblutung fördert und den Körper optimal arbeiten lässt.

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