Samstag, 25. März 2023

Impfstoffe wirken besser nach genügend Schlaf



Menschen, die weniger als sechs Stunden pro Nacht schlafen, bilden nach einer Impfung viel weniger Antikörper als diejenigen, die sieben Stunden oder länger schlafen.

 

Während der Corona-Pandemie ließen sich die meisten Menschen gegen das kursierende Virus impfen. Dies bedeutete jedoch nicht, dass das Coronavirus an ihnen vorbeiging; auch Geimpfte können sich mit Corona infizieren und erkranken. Warum der Impfstoff bei manchen Menschen besser wirkt als bei anderen, ist eine Frage, die Wissenschaftler gerne beantworten möchten. Und jetzt stellt sich heraus, dass die Anzahl der Stunden, die man schläft, durchaus ein wichtiger Faktor sein kann.

Beeinflusst Schlaf die Antikörper-Produktion?

Als die Coronapandemie ausbrach und eine Impfung weltweit zur Chefsache wurde, beschlossen die Wissenschaftlerinnen Karine Spiegel und Eve van Cauter, die Auswirkungen der Schlafdauer auf Impfreaktion zu untersuchen. „Damals stellten wir bei gesunden Erwachsenen große Unterschiede in der Produktion von Antikörpern gegen denselben Corona-Impfstoff fest“, sagt van Cauter. „Wir wissen, dass verschiedene Faktoren dazu führen können, dass nach einer Impfung weniger Antikörper gebildet werden. Zum Beispiel ist dies eher bei Männern, älteren oder übergewichtigen Menschen, Rauchern oder Menschen mit Bluthochdruck der Fall.“ Es ist allgemein bekannt, dass Schlaf sehr wichtig für die (psychische) Gesundheit ist. Die Wissenschaftlerinnen fragten sich daher, ob Schlaf auch ein möglicher Risikofaktor sein könnte.

Frühere Studien

Das ist nicht einmal so ein verrückter Gedanke. „Schon 2002 fanden wir Beweise, dass Menschen, die vier Tage vor und zwei Tage nach einer Grippeimpfung weniger als vier Stunden pro Nacht schliefen, viel weniger Antikörper bildeten“, erzählt Van Cauter. „Die Rolle von mangelndem Schlaf für die Wirkung von Impfstoffen ist in späteren Studien weiter erforscht worden. Leider führte das zu widersprüchlichen Ergebnissen, möglicherweise aufgrund relativ kleiner Stichproben und methodischer Unterschiede.“

Die neue Studie

Um der Wahrheit auf die Spur zu kommen, hat das Team die wissenschaftliche Literatur durchforstet. Schließlich analysierten sie die Ergebnisse von sieben Studien, in denen Menschen gegen verschiedene Virusinfektionen (Influenza und Hepatitis A und B) geimpft worden waren. Anschließend verglichen sie die Produktion von Antikörpern bei Menschen mit einer „normalen“ Schlafdauer (zwischen sieben und neuen Stunden, wie empfohlen) mit Kurzschläfern, die weniger als sechs Stunden pro Nacht schliefen. Außerdem verglichen sie die Wirkung zwischen Männern und Frauen sowie zwischen Erwachsenen über 65 und jüngeren Erwachsenen.

Impfstoffe wirken besser nach mehr Schlaf

Die Ergebnisse zeigen - erneut - wie wichtig Schlaf ist. So fanden die Forscher eindeutige Beweise dafür, dass weniger als sechs Stunden Schlaf pro Nacht die Immunreaktion auf einen Impfstoff stark verringert. Das ist vergleichbar mit dem natürlichen Rückgang der Antikörper zwei Monate nach einer Impfung. Wenn man dagegen genügend Stunden geschlafen hat, hilft das dem Immunsystem, auf einen Impfstoff zu reagieren. Infolgedessen verfügen diese Menschen über deutlich mehr Antikörper. „Außerdem stärkt eine gute Nachtruhe nicht nur die Schutzdauer des Impfstoffs, sondern kann sie auch verlängern“, so Van Cauter abschließend.

Das bedeutet, dass ein Impfstoff besser wirkt, wenn man eine Nacht gut geschlafen hat. Aber warum? Die Antwort muss Van Cauter leider schuldig bleiben. „Die genauen Mechanismen sind noch nicht geklärt“, sagt sie auf Nachfrage. „Es ist jedoch bekannt, dass Schlafmangel viele negative Auswirkungen hat.“

Schlafmangel beeinflusst Immunität

Als die Forscher Männer und Frauen getrennt untersuchten, stellten sie fest, dass die Ergebnisse vor allem für Männer zu gelten schienen. Bei Frauen war die Auswirkung von Schlafmangel auf die Antikörperproduktion sehr viel unterschiedlicher. Dieser Unterschied ist wahrscheinlich auf schwankende Hormonspiegel zurückzuführen, vermuten die Wissenschaftler. „Wir wissen, dass die Geschlechtshormone das Immunsystem beeinflussen“, sagt Spiegel. „Bei Frauen wird die Immunität durch den Menstruationszyklus, die Einnahme von Verhütungsmitteln und die Menopause beeinflusst.“ Darüber hinaus war die negative Auswirkung von Schlafmangel bei Erwachsenen zwischen 18 und 60 Jahren größer als bei Senioren, die bereits das 65. Lebensjahr vollendet hatten. Das ist übrigens nicht überraschend, argumentieren die Forscher. Es liegt daran, dass Senioren im Allgemeinen sowieso schon weniger schlafen.

Die gute Nachricht

Die Ergebnisse der Studie sind eigentlich gute Nachrichten. Denn die bereits erwähnten Risikofaktoren für eine verminderte Antikörperproduktion (wie männliches Geschlecht, Übergewicht oder höheres Alter) sind nur schwer zu ändern. „Genügend Schlaf hingegen ist etwas, das man selbst in der Hand hat“, sagt Van Cauter. „Und jetzt stellt sich heraus, dass man damit auch die Reaktion auf einen Impfstoff optimieren kann. Das ist besonders im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie von Bedeutung.“

Kontrolle über die eigene Immunität

Zu wissen, dass die Schlafdauer die Wirksamkeit eines Impfstoffs beeinflusst, bedeutet, dass die Menschen eine gewisse Kontrolle über ihre Immunität haben, betonen die Forscher. Wenn Sie sich also so gut wie möglich vor Viren schützen wollen, sollten Sie von vorneherein für genügend Schlaf sorgen. „Es ist wichtig, dass Sie um den Zeitpunkt Ihres Impftermins herum ausreichend schlafen“, rät Van Cauter. „Das gilt besonders für die Tage vor und einige Tage nach der Impfung.“

Die Studie beweist einmal mehr, wie wichtig Schlaf für unsere Gesundheit ist. Allerdings gibt es noch viel über den neu entdeckten Zusammenhang zwischen Schlaf und Impfwirksamkeit zu erforschen. „Wir würden gerne die Unterschiede zwischen den Geschlechtern verstehen, welche Nächte um den Zeitpunkt der Impfung herum am wichtigsten sind und wie viel Schlaf genau benötigt wird“, sagt Spiegel. „Wir werden in den nächsten Jahren Abermillionen von Menschen impfen. Und das ist ein Aspekt, der dazu beitragen kann, den Schutz zu maximieren.“

Die vielen schädlichen Auswirkungen von Schlafmangel

Eine gute Nachtruhe ist für viele körperliche und geistige Funktionen sehr wichtig. Unter anderem werden die kardiovaskuläre Gesundheit, das Immunsystem, der Stoffwechsel, das Gedächtnis und die Emotionskontrolle vom Schlaf beeinflusst. Auch das Risiko, an Alzheimer oder Krebs zu erkranken, ist mit der Schlafqualität verbunden. Für eine bessere Gesundheit und ein besseres emotionales Wohlbefinden sollte man regelmäßig genug schlafen. Experten empfehlen daher, jede Nacht etwa sieben Stunden zu schlafen. Funktioniert das nicht, kann das weitreichende Folgen haben. So haben Wissenschaftler bereits nachgewiesen, dass Schlafmangel zu einer Zunahme von Bauchfett führt und dass Menschen mit Schlafproblemen unangenehme Erfahrungen schwerer verarbeiten können. Kürzlich wurde auch nachgewiesen, dass ältere Menschen, die weniger als fünf Stunden pro Nacht schlafen, ein wesentlich höheres Risiko haben, mindestens zwei chronische Krankheiten zu entwickeln, wie Krebs, Herzkrankheiten oder Diabetes.

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