Darmbakterien spielen bei Rheuma eine große Rolle (Foto: OpenClips - pixabay.com) |
Darmbakterien können die Anfälligkeit für rheumatoide
Arthritis, kurz Rheuma, vorhersagen und die Krankheit beeinflussen.
Die Millionen von Bakterien in
unserem Verdauungssystem sorgen täglich dafür, dass wir die
Nährstoffe aus der zugeführten Nahrung auch aufnehmen können. Sie
schützen uns außerdem vor schädlichen Keimen und aktivieren unser
Immunsystem. Dr. Veena Taneja, Immunologin am Zentrum für
individualisierte Medizin der Mayo Clinic, berichtete kürzlich in
zwei Studien in »GenomeMedicine«
und »Arthritisand Rheumatology«
darüber, dass die Darmbakterien auch in Verbindung mit rheumatoider
Arthritis stehen.
Darmbakterien mögliche Ursache für
Rheuma
Mehr
als 1, 5 Millionen Amerikaner und etwa 800.000 Bundesbürger leiden
an rheumatoider Arthritis, einer entzündlichen Gelenkerkrankung mit
schmerzhaften Schwellungen und Bewegungseinschränkungen.
Wissenschaftler verstehen bis heute nur teilweise, was die Krankheit
auslöst. Dr. Taneja und ihr Team identifizierten nun Darmbakterien
als mögliche Ursache. Ihre Studien deuten an, dass ein Test auf
bestimmte Bakterienarten im Darm, Ärzten helfen könnte, die
Entstehung von Rheuma vorherzusagen und zu verhindern.
Veränderte Darmflora bei
Rheumatikern
»Das
sind aufregende Entdeckungen, die wir dazu nutzen können, die
Behandlung von Patienten individuell auszurichten«, sagt Dr. Taneja.
Der Fachartikel in »Genome Medicine« fasst die Untersuchungen unter
Rheumapatienten, ihren Familienangehörigen und einer gesunden
Kontrollgruppe zusammen. Ziel der Studie war, einen Biomarker oder
eine charakteristische Substanz zu finden, die die Anfälligkeit für
Rheuma vorhersagt. Sie stellten fest, dass eine Fülle seltener
Bakterienstämme ein Ungleichgewicht der Darmbakterien verursacht,
das bei Rheuma-Patienten gefunden wurde. »Mit Hilfe von
Gen-Untersuchungen konnten wir einige Darmbakterien identifizieren,
die normalerweise selten und nur in geringer Anzahl bei gesunden
Menschen vorkommen, aber vermehrt bei Rheumatikern«, erklärt Dr.
Taneja.
Darmbakterien zur Vorhersage und
Vermeidung von Rheuma
Nach
weiteren Forschungen an Mäusen und eventuell Menschen könnten
Darmflora und Stoffwechselmerkmale Wissenschaftlern helfen, ein
Profil zu erstellen, das vorhersagt, wer wahrscheinlich an Rheuma
erkrankt und wie die Krankheit verlaufen wird, hofft Dr. Taneja.
Auf
der Basis von Maus-Studien stellten Wissenschaftler eine Verbindung
zwischen dem Darmbakterium Collinsella
und
rheumatoider Arthritis her. Dieses Bakterium könnte zu neuen
Diagnoseverfahren führen und das Ungleichgewicht verringern, bevor
Rheuma auftritt oder wenigstens zu Beginn der Krankheit, meinen John
Davis III und Eric Matteson, beide Rheumatologen an der Mayo Clinic
und Co-Autoren der Studie. Weitergehende Forschungen könnten auch
vorbeugende Behandlungen möglich machen.
Möglichkeit für wirksamere
Therapien mit weniger Nebenwirkungen
Der
zweite Fachartikel in »Arthritis and Rheumatology« entdeckte eine
andere Facette der Darmbakterien. Dr. Taneja behandelte eine Gruppe
rheuma-anfälliger Mäuse mit dem Bakterium Prevotella
histicola
und verglich sie mit einer unbehandelten Mäusegruppe. Die Studie
stellte fest, dass die Symptome bei den bakteriell behandelten Mäusen
weniger häufig und weniger heftig waren und auch weniger
Entzündungen zeigten, die mit Rheuma in Verbindung stehen. Die
Therapie produzierte nicht so viele Nebenwirkungen wie herkömmliche
Therapiemethoden, zum Beispiel Gewichtszunahme und Zottenatrophie,
also eine Schrumpfung der Darmzotten. Eine Zottenatrophie verhindert
eine ausreichende Aufnahme von Nährstoffen im Darm.
Studienergebnisse versprechen
positive Ergebnisse auch beim Menschen
Obwohl
klinische Studien an Menschen noch ausstehen, sind durch die
Ähnlichkeit des Immunsystems und der Rheumaerkrankung bei Mäusen,
ähnlich positive Wirkungen auch beim Menschen zu erwarten. Weil das
Bakterium ein natürlicher Bestandteil der Darmflora ist, treten
wahrscheinlich keine unerwünschten Nebenwirkungen auf, sagt Co-Autor
Dr. Joseph Murray, ein Gastroenterologe an der Mayo Clinic.
Rheumatoide
Arthritis zählt zu den Autoimmunerkrankungen, die auftreten, wenn
der Körper sich fälschlicherweise selbst angreift. Der Körper baut
Gewebe rund um das Gelenk ab, was Schwellungen, Knochenabbau und
deformierte Gelenke verursacht. Rheuma kann jedoch auch andere Organe
schädigen, einschließlich Haut, Augen, Herz, Lunge und Blutgefäße.
Die Studie wurden vom Mayo Clinic Center für individualisierte
Medizin gefördert. Dort wird an Behandlungen geforscht, die zu der
einzigartigen genetischen Struktur eines Menschen passen. Zudem wird
die Umwandlung wissenschaftlicher Entdeckungen in praktische
Anwendungen für den Patienten gefördert.
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